Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Jeder Beitrag hilft.

Jetzt spenden

Andrea1966

Hallo zusammen,

mein Vater (80 Jahre alt) ist seit einigen Wochen im Hospiz. Die OP - Glioblastom im linken Frontallappen - war im Februar mit Bestrahlung und Chemo, danach hat er sich stabilisiert bis er im Mai orientierungslos war. Es folgte Notaufnahme, MRT (es war "nur" das Ödem, das wieder größer wurde), Kurzzeitpflege und dann Hospiz.

Ich habe immer versucht, ihm zu erklären, was geschieht und warum es geschieht. Aber was er heute versteht, weiß er morgen nicht mehr.

Seit er im Hospiz ist, durchlief er einige Phasen. Nach einigen Tagen ging es ihm sehr schlecht und er konnte auch nicht mehr alleine sein. Die Pfleger (ein riesengroßes Danke an alle) nahmen ihn überall hin mit, er war keine Minute alleine, es sei denn, er schlief und lag in seinem Bett. Danach kam eine gute Phase. Er lief mit seinem Rollator durch den Flur, ging in Begleitung raus, hat gut gegessen und war recht fit, obwohl er körperlich sehr abgebaut hat. Er wollte auch, dass ich mit ihm Essen gehe und danach noch ein großes Eis. Diesen Wunsch habe ich ihm sehr gerne erfüllt und wir waren in den letzten Wochen öfter unterwegs. Da er den Weg nicht mehr schafft, schiebe ich ihn dann im Rollstuhl.

Seit über eine Woche hat sich sein mentaler Zustand aber wieder verschlechtert. Heute war sehr schlimm, denn er vergisst mitten im Wort das Wort und merkt es selbst noch.
Letzte Woche hat er wahrscheinlich wieder realisiert, wo er ist und warum er dort ist, denn es sind innerhalb kurzer Zeit mehrere Mitbewohner verstorben. Das hat ihn sehr runtergezogen.

Ich weiß, dass er keine Schmerzen hat und alle Mitarbeiter des Hospizes sind unglaublich lieb und kümmern sich sehr gut um ihn. Auch ich gebe mein Bestes, versuche, dass er jeden Tag Besuch erhält - geht ja einer pro Tag - und verwöhne ihn mit Eis, Schokolade und allem, was er sonst noch mag.

Aber ich frage mich, was kommt als nächstes? Ich rechne mit nichts und mit allem. Vor jedem Besuch frage ich mich, wie wird es heute sein? Wann kommt ein, "der" Anruf?

In zwei Wochen hat er Geburtstag. Und ich denke an letztes Jahr, als wir seine Feier zum 80, geplant hatten und ein wunderschönes Fest hatten. Die ganze Familie kam, egal wie weit verstreut wir alle sind. Seinen 81. werden wir ganz klein - er, mein Sohn und ich - wohl nur mit einem großen Eisbecher im Hospiz verbringen.

Er "vergisst" zu Duschen oder seine Kleider zu wechseln, rasieren kann er sich auch nicht mehr alleine. Früher legte er sehr viel Wert auf Körperhygiene und saubere Kleidung.

Was macht dieses böse Ding - Glioblastom - noch mit ihm? Wie lange muss er noch leiden? Und auch wir...

Ich weiß, dass viele von euch ähnliches erleben oder erlebt haben. Und jedem von euch schicke ich eine herzliche Umarmung und wünsche euch viel Kraft und Durchhaltevermögen. Denn das brauchen wir alle - sei es, um sich um unsere Lieben und uns zu kümmern oder mit allen möglichen Versicherungen, um die Rechte der Kranken zu kämpfen!

Liebe Grüße
Andrea

Bulli2014

Hallo lieb Andrea,
es ist traurig zu lesen das es deinem Vater schlechter geht...:(

Das ist leider die schreckliche Wahrheit bei diesem Glioblastom...es ist mal mehr da mal weniger...

Schön finde ich die Idee das ihr 3 mit deinem Vater seinen Geburtstag zusammen verbringen wollt... denn ein Eisbecher ...ja da sind Erinnerungen dran...denn meist sind es die Erinnerungen die unsere betroffenen Angehörigen haben um noch etwas Lebensqualität zu spüren...

Messt jetzt nicht das er vergisst sich zu waschen...das ist das "Glio"...dieses olle Ding tut alles um deinen Vater noch weiter vergessen zu lassen...gebt ihm Vertrauen...gebt ihm Nähe...gebt ihm Berührung... das
sind Dinge die er merkt und bewusst noch wahrnimmt... euch Kinder... und auch wenn er euch manchmal nicht erkennt... seit nicht erschreckt oder traurig... es ist dein Papa ... liebt ihn und zeigt ihm das...



Ich schreibe dir das nur so da wir Kinder es genauso gemacht haben und somit Papa bis seinen Antritt seiner letzten Reise begleitet hatten und auch er vergaß so viel... es tut weh ...aber er ist und bliebt "PAPA"
Für mich war diese Zeit intensiv und auch sehr emotional...

Ich sende euch Engel die euch beschützen und begleiten...

Viele Grüße
Bulli2014





Papa du wirst immer in unserem Herzen sein...

Tulip

Das Thema “Köperhygiene” haben einige erlebt, und ich habe das auch als schwierig empfunden, weil es auch nochmal so stark die Veränderungen verdeutlichte...
Was kommt noch? Das kann niemand sagen, man rutscht in verschiedene Phasen und auch die können sich wieder in alle Richtungen verändern. Das ist auch ein Teil, der sehr zehrend ist, denn immer wieder ist man zwischen Angst und Hoffnung. Bislang haben jedoch sehr viele beste Erfahrungen durch Hospiz-Begleitung geschildert. Ihr werdet dort gut begleitet, denke ich und wünsche es Dir und Deiner Familie!

Andrea1966

Danke für eure Antworten!

Ich hatte in den letzten Tagen sehr intensive Momente mit ihm. Er wird immer schwächer und wenn er das Bett verlässt, dann nur im Rollstuhl. Ich saß an seinem Bett und hielt seine Hand. Manchmal nahm er beide Hände von mir und drückte sie ganz fest. Wir haben kaum geredet, denn er vergisst, was er sagen will.

Heute konnte ich nicht zu ihm, rief aber im Hospiz an und fragte wie es ihm geht. Die Pflegerin sagte mir, er habe gegessen, aber er wäre heute sehr unruhig gewesen, habe dann was zur Beruhigung bekommen. Sie würden ihn überall mit hin nehmen, damit er nicht alleine in seinem Zimmer ist und er fühlt sich in der Gesellschaft des Pflegepersonals sehr wohl. Das sind auch wirklich richtige Schätze - jede/r einzelne von ihnen! Ich bin dankbar, dass er dort ist.

Ich bin froh, wenn ich ihn noch drücken und halten kann, ihm einen dicken Schmatz gebe, aber ebenso wünsche ich mir, dass es bald vorbei ist. Es ist ein grausames Sterben auf Raten...

Antworten nur für eingeloggte Benutzer möglich

Nur angemeldete Nutzer können eine Antwort erstellen. Bitte loggen Sie sich ein oder erstellen Sie einen Account.