Hallo zusammen,
mein Vater (80 Jahre alt) ist seit einigen Wochen im Hospiz. Die OP - Glioblastom im linken Frontallappen - war im Februar mit Bestrahlung und Chemo, danach hat er sich stabilisiert bis er im Mai orientierungslos war. Es folgte Notaufnahme, MRT (es war "nur" das Ödem, das wieder größer wurde), Kurzzeitpflege und dann Hospiz.
Ich habe immer versucht, ihm zu erklären, was geschieht und warum es geschieht. Aber was er heute versteht, weiß er morgen nicht mehr.
Seit er im Hospiz ist, durchlief er einige Phasen. Nach einigen Tagen ging es ihm sehr schlecht und er konnte auch nicht mehr alleine sein. Die Pfleger (ein riesengroßes Danke an alle) nahmen ihn überall hin mit, er war keine Minute alleine, es sei denn, er schlief und lag in seinem Bett. Danach kam eine gute Phase. Er lief mit seinem Rollator durch den Flur, ging in Begleitung raus, hat gut gegessen und war recht fit, obwohl er körperlich sehr abgebaut hat. Er wollte auch, dass ich mit ihm Essen gehe und danach noch ein großes Eis. Diesen Wunsch habe ich ihm sehr gerne erfüllt und wir waren in den letzten Wochen öfter unterwegs. Da er den Weg nicht mehr schafft, schiebe ich ihn dann im Rollstuhl.
Seit über eine Woche hat sich sein mentaler Zustand aber wieder verschlechtert. Heute war sehr schlimm, denn er vergisst mitten im Wort das Wort und merkt es selbst noch.
Letzte Woche hat er wahrscheinlich wieder realisiert, wo er ist und warum er dort ist, denn es sind innerhalb kurzer Zeit mehrere Mitbewohner verstorben. Das hat ihn sehr runtergezogen.
Ich weiß, dass er keine Schmerzen hat und alle Mitarbeiter des Hospizes sind unglaublich lieb und kümmern sich sehr gut um ihn. Auch ich gebe mein Bestes, versuche, dass er jeden Tag Besuch erhält - geht ja einer pro Tag - und verwöhne ihn mit Eis, Schokolade und allem, was er sonst noch mag.
Aber ich frage mich, was kommt als nächstes? Ich rechne mit nichts und mit allem. Vor jedem Besuch frage ich mich, wie wird es heute sein? Wann kommt ein, "der" Anruf?
In zwei Wochen hat er Geburtstag. Und ich denke an letztes Jahr, als wir seine Feier zum 80, geplant hatten und ein wunderschönes Fest hatten. Die ganze Familie kam, egal wie weit verstreut wir alle sind. Seinen 81. werden wir ganz klein - er, mein Sohn und ich - wohl nur mit einem großen Eisbecher im Hospiz verbringen.
Er "vergisst" zu Duschen oder seine Kleider zu wechseln, rasieren kann er sich auch nicht mehr alleine. Früher legte er sehr viel Wert auf Körperhygiene und saubere Kleidung.
Was macht dieses böse Ding - Glioblastom - noch mit ihm? Wie lange muss er noch leiden? Und auch wir...
Ich weiß, dass viele von euch ähnliches erleben oder erlebt haben. Und jedem von euch schicke ich eine herzliche Umarmung und wünsche euch viel Kraft und Durchhaltevermögen. Denn das brauchen wir alle - sei es, um sich um unsere Lieben und uns zu kümmern oder mit allen möglichen Versicherungen, um die Rechte der Kranken zu kämpfen!
Liebe Grüße
Andrea