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Tagträumerin

Was tun bei starker Geräuschempfindlichkeit nach OP/unter Temodaleinnahme?

Liebes Forum,

nach einiger Zeit als stille Mitleserin möchte ich mich nun auch an Euch mit einer Frage wenden.
Einem Angehörigen wurde im Herbst ein Oligoastrozytom °III teilentfernt. Nach der OP entwickelte sich mit der Zeit eine starke Geräuschempfindlichkeit.
Alltagsgeräusche belasten ihn sehr stark, Gespräche sind nur noch äußerst kurz möglich. Er nutzt deshalb Ohrstöpsel und Gehörschutz.

Aktuell nimmt er Temodal; in der Fachinformation ist als eine Nebenwirkung die Hyperakusis, also eine krankhafte Schallüberempfindlichkeit, angegeben.

In der Beitragssuche hatte ich in nur wenigen Beiträgen am Rande von Geräuschempfindlichkeiten gelesen und auch bei der Internetrecherche kaum etwas gefunden und bin deshalb an Euren Erfahrungen hierzu interessiert.

Falls eine Geräuschempfindlichkeit nach der OP/während der Temodalbehandlung bei Euch bestand/besteht, hat sich diese wieder zurückgebildet? Wie lange hat das gedauert?
Habt Ihr diese Rückbildung unterstützt und wenn ja mit welchen Mitteln/Therapien?

Für Antworten bin ich Euch sehr dankbar!

Liebe Grüße,
Tagträumerin

suace

Hallo
Nach der OP eines Glioblastoms li frontal im Juli 14 war mein Mann auch unglaublich geräuschempfindlich. Die ganze Familie hat sich angewöhnt laute Geräusche zu vermeiden, beispielsweise haben wir die Spülmaschine nur ausgeräumt wenn er in einem anderen Raum war.
Das hat sich aber mit der Zeit verbessert, war offenbar eine Folge der OP die reversibel ist. Unsere Theorie dazu ist, daß durch die OP die Filterfunktion der Gehirns gelitten hat und wieder erlernt werden muß. Jetzt, nach 6 Monaten ist es wieder fast normal. Alles Gute!

wando

Liebe Tagträumerin,

ich kann Dir zur Geräuschempfindlichkeit anhand meiner Geschichte erzählen/berichten. Bei mir wurde im Januar 2013 ein Akustikusneurinom, links und sehr ungünstig gelegen, diagnostiziert, so daß nicht operiert werden konnte. Habe aus diesem Grund eine Behandlung mit Cyberknife bekommen (kannst Du nachlesen, wenn Du bei Suchen z. B. wando eingibst).

Mein Tumor drückt auf den Gleichgewichtsnerv, den Gesichtsnerv und den Hörnerv (wobei man sich nicht sicher ist, ob er darauf drückt oder verwachsen damit ist, läßt sich auf dem MRT nicht sehen).

Ich höre auf dem linken Ohr inzwischen sehr schlecht und leide zusätzlich beidseitig unter starkem Tinnitus, der auf der linken Seite durch die Bestrahlung etwas besser geworden ist/war. Meine HNO-Ärztin, die auch den Tumor "gefunden" hat, stellte bei mir ebenfalls Hyperakusis fest, ich bekam für das besser hörende Ohr ein Ohrstück angepaßt, so daß beiden Ohren nur noch "gleich" hören sollten. Funktioniert bei mir aber durch den schlimmen Tinnitus überhaupt nicht, kann das Ohrstück nicht benutzen. Leider konzentriert sich das linke, schlecht hörende Ohr auf alle Geräusche besonders stark, z. T. auch über die Knochenleitbahn, was sich beim Hörtest immer wieder herausstellt. Die ganze Sache ist sehr anstrengend, ich weiß manchmal gar nicht, wo Geräusche herkommen und kann mich dadurch auch sehr schlecht auf etwas konzentrieren. Nebengeräusche, Stimmengewirr oder auch nur ganz alltägliche Geräusche irritieren mich sehr. Nur leider kann man da nicht allzu viel machen. Manchmal versuche ich, mich ganz besonders auf etwas zu konzentrieren, sei es durch leise Musik oder ein Gespräch, aber leider gelingt das meist nicht. Vielleicht klingt das jetzt etwas zu einfach, aber ich habe den Eindruck gewonnen, daß man sich damit arrangieren muß und lernen muß damit umzugehen.

Als Freund oder Angehöriger ist es aus meiner Sicht wichtig zu wissen und zu respektieren, daß der Betroffene schon gern an verschiedenen Dingen des Lebens teilnehmen möchte, aber es z. B. auch durch Hyperakusis nur sehr eingeschränkt kann, weil es sehr sehr anstrengend ist.

Ich wünsche Deinem Angehörigen alles Gute.

Herzliche Grüße.

Andrea

Andrea 1

Hallo und herzlich Willkommen Tagträumerin,
finde ich sehr gut, dass Du diese Thema hier angesprochen hast.
Bin ich noch gar nicht drauf gekommen auch einmal nachzuhaken, weil ich dachte, dass es "normal" ist.
Allerdingskann ich mir nicht vorstellen, dass es an Temodal liegen soll. Eher tippe ich darauf, dass es mit der OP und dadurch ein entstandener Konzentrationsmangel ist.
Zumindest ist es wohl bei mir so. Ich bin ein sehr musikalischer Mensch, mache heute noch ein wenig Musik, ich kann die Lautstärke nicht mehr so ab, weswegen ich mich noch nicht wieder traute, mich einer Musiktruppe wieder anzuschließen. Nach der OP (Anfang 2011) war es bei mir am schlimmsten. Stundenlang konnte ich in totaler Stille in einer Position verharren ohne, dass es mir etwas ausgemacht hätte. Andere waren überbesorgt, ich nicht, ich fands schön, einfach Mal nichts hören!
Mein Hirn beschäftigte sich quasi mit sich selbst und alle Einflüsse, die von außen noch zusätzlich auf mich einpurzelten, empfand ich als extrem kraftraubend und störend.
Mein Mann hört sehr gerne Rockmusik, was ich vorher auch gerne mal tat, aber das störte mich dann so extrem, dass wir deshalb sogar mal stritten.
Ihm nahm ich damit seine Art zu entspannen, seinen Freizeitspaß und ich wurde dadurch extremst überfordert und genervt, was mir richtig dolle leid tat, nur konnte ich es nicht ändern. Wir schlossen Kompromisse...
Mein lieber Mann nahm seit dem häufiger seine Kopfhörer. Beim Kauf eines neuen Autos achteten wir auf eine besonders gute Soundanlage. So kann er sich während der Autofahrt "austoben", hat seinen Spaß und zu Hause übt er sich mit der Lautstärke mir zu Liebe in Zurückhaltung.
Heute ist es nicht mehr ganz so extrem, aber zusätzliche Geräuschkulisse, wenn ich gestresst oder überreizt bin, ist auch heute noch für mich störend.
Okay, ich war schon früher ein ruheliebender Mensch, aber seit der OP bin ich noch empfindsamer geworden. Stille & Einsamkeit stören mich heute noch nicht, solange es kein Dauerzustand ist. Eine sogen. "Radautüte" war ich eh noch nie... ;-)
Ich hoffe es hilft dir und deinem Freund...
Alles Gute für euch von Andrea

Tagträumerin

Vielen lieben Dank für Eure Antworten! Sie helfen uns sehr.

Wir versuchen uns mit der Situation, so gut es geht, zu arrangieren und hoffen weiterhin auf Besserung. Laute, unangenehme Geräusche vermeiden wir, so gut wir können. Man wird dann auch mit der Zeit und der Ruhe selbst dafür sensibilisiert, wie laut doch bestimmte Alltagsgeräusche sind.

Ich wünsche Euch und Euren Familien alles Gute!

Tagträumerin

Hallo zusammen,
zu meinem Eintrag noch ein paar Ergänzungen:

Direkt nach der OP schien erst einmal alles den Umständen entsprechend okay; in Überlegung war sogar die baldige Rückkehr in den Job. Die Geräuschempfindlichkeit hat sich erst nach etwa drei Wochen gebildet und seitdem immer weiter verschlimmert. Geräusche oder auch emotionale Belastung und geistige Anstrengung können dabei so eine spezielle Art Attacke auslösen, zu denen ein Arzt meinte, es könnten durchaus Vorstufen epileptischer Anfälle oder sogar epileptische Anfälle sein, ein anderer meinte hingegen, dass das wahrscheinlich keine epileptischen Anfälle seien:
Nach Überlastungen und auch teilweise ohne direkten Zusammenhang zu den drei aufgezählten Triggern treten kurze Phasen mit Unwohlsein und Wärmegefühl in einer Körperhälfte auf; teilweise kann im Vorfeld das Hören verzerrt sein. Zu Beginn traten sie max. 1x die Woche, dann 2x die Woche, mittlerweile teilweise 2x am Tag auf. Vor der OP gab es das nicht.

Wir sind gerade durch diese Tendenz, dass es jeden Tag seit 2 Monaten schlechter wird, stark verunsichert und hoffen sehr stark auf Besserung. Am Anfang waren zum Beispiel laute Geräusche kein Problem, sondern eher ein Durcheinander an komplexen Geräuschen, nun sind es auch laute sowie leise Geräusche.

Liebe suace und liebe Andrea 1, vielen Dank nochmals für Eure Beiträge! War das bei Deinem Mann bzw. Dir, Andrea, auch so, dass es sich nach der OP erst einmal hat oder war es gleich nach der OP da ohne weitere Verschlimmerung?
Liebe wando, auch Dir nochmals vielen Dank für Deinen Beitrag! Bei meinen Recherchen hatte ich auch gefunden, dass Hyperakusis in vielen Fällen leider auch zusammen mit Tinnitus auftritt oder aber diesem vorausgeht. Vielleicht wäre in unserem Fall da noch die Einbeziehung eines HNO sinnvoll. Danke auch noch für Deinen Hinweis zu der Rücksicht auf die Einschränkungen, die für den Betroffenen damit miteinhergehen. Mein Angehöriger betont immer, dass es nicht böse gemeint ist, dass er sich häufig und teilweise abrupt mal zurückziehen muss. Ich habe da größtes Verständnis.
Früher haben wir gerne jeden Tag stundenlang gequatscht – es ist nun schon eine ziemliche Umgewöhnung.

Nochmals Euch und Euren Familien alles Gute! Vielen Dank!

Liebe Grüße, Tagträumerin

Andrea 1

Hallo liebe Tagträumerin, ich bin heute schon ein bisschen arg lädiert, deswehen nur der link, bei dem ich meine, dass ich auch da recht asuführlich drüber geschrieben habe<.
https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/veraenderungen-nach-der-op-gespraech-mit-betroffenen-5922.html
Nur war mir das damals mit meiner Lautstärkeempfindlichkeit noch nicht so bewusst, erst durch deine Frage.
Ich hffe es hilft dir/euch!
Liebe Grüße und ein erholsames Wochenende...
LG Andrea

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