Liebe Katharina13,
Meine Meningeome (WHO III) wurde in den Jahren 2000, 2011 und 2017 mit Photonen (!) fraktioniert bestrahlt und an den bestrahlten Stellen gab es keine Rezidive! Es wurde beachtet, dass sich die Bestrahlungsfelder nicht überschneiden, um Spätfolgen zu verringern.
Insbesondere die Bestrahlung nahe des Sehnervs meines einzig noch 100 % sehtüchtigen Auges hatte keine Sehverschlechterung zur Folge!
Die Bestrahlung an Patienten mit Teilchen wird in Deutschland erst seit 2014 ansatzweise praktiziert. Nach jetzt fünf Jahren kann man die Bestrahlungsarten, ihren Nutzen und ihre Folgen etwas besser vergleichen.
Ich habe in meinen Mitschriften von den Hirntumorinformationstagen (HIT) nachgeschaut, was dort wann und von wem über die Teilchen - bzw. Protonenbestrahlung gesagt wurde.
(Ich habe die Stellen, die ich als besonders wichtig für Dich empfinde, mit (!) hervorgehoben.)
- Aus dem Vortrag von Prof. Stephanie Combs aus München auf dem 34. HIT am 10.5.2014 in Köln:
Die Bestrahlung mit Schwerionen ist noch im experimentellen Stadium.
- Aus dem Vortrag von Prof. Jürgen Debus aus Heidelberg auf dem 36. HIT am 9.5.2015 in Würzburg:
Profitieren die Patienten von einer Teilchenstrahlung?
Die Teilchenstrahlung ermöglicht die Bestrahlung schwangerer Frauen bei gleichzeitigem Schutz des Fötus. Sie hat vor allem bei Kindern ihr Einsatzgebiet …
Bei der Teilchenstrahlung handelt es sich um ein neues Verfahren, das in klinischen Studien erprobt wird.
Man will die verschiedenen Bestrahlungsarten unter bestimmten gleichen Voraussetzungen vergleichen können.
Dabei wird die jeweils verwendete Strahlendosis mit dem Effekt für den Patienten in einen Zusammenhang gebracht.
Das Ziel ist, dass die Überlebensrate gut sein muss.
Die Teilchenstrahlung soll nicht andere Strahlenarten ersetzen, sondern sie stellt eine zusätzliche Möglichkeit für die Patienten dar, bei denen bisher keine Strahlentherapie möglich oder nur mit schweren Nebenwirkungen verbunden war.
Prof. Debus zur Frage, wo die „beste Behandlung“ erfolgt:
Die Patienten sind an der besten Behandlungsqualität interessiert.
Für sie steht die Frage: Was ist Qualität in der Medizin?
An welche Ärzte, Krankenhäuser, Behandlungszentren sollten sich die Hirntumorpatienten wenden?
Bei der Suche wird nach Erfahrungswerten gefragt.
Dazu muss man wissen, dass Erfahrungswerte einerseits für die Behandlung bestimmter Tumorarten und andererseits für das Vorhandensein und den Umgang mit bestimmten Geräten gelten.
Was ein gutes Tumorzentrum ist, das weiß keiner!
Hier treffen verschiedene Qualitäten zusammen:
Strukturqualität (Ausstattung mit Geräten, ...)
Prozessqualität (sicherer Behandlungsablauf, aufeinander abgestimmtes Personal, Tumorkonferenzen, ...)
Ergebnisqualität (Therapieerfolg, ...)
Sozialqualität (Zuwendung zum Patienten durch die Ärzte und das Krankenhaus-Personal, ...)
Für den Patienten stellen sich bei der Wahl die Fragen, ob er den Schwerpunkt auf ein freundliches Arzt- Gespräch legt, ob er die neueste Medizintechnik vorfinden möchte, ob er auf die Erfahrung eines Arztes Wert legt oder ob sein Arzt immer wieder neueste Forschungsergebnisse erprobt, …
- Aus dem Vortrag von Prof. Brigitta Baumert aus Bonn auf dem 37. HIT am 24.10.2015 in Düsseldorf:
Bestrahlungen hinter dem Auge sind sinnvoll, sie werden mit Photonenstrahlen (!) durchgeführt, Protonenstrahlen bringen keinen großen Vorteil (!).
Haarausfall ist bei Hirntumoren fast immer eine Bestrahlungsfolge, jedoch wachsen die Haare meist nach. Nach einer Rebestrahlung wachsen sie eher nicht nach.
Sind Photonen oder Protonen besser? Meist sind Photonen gut genug (!). Es laufen Studien (!).
- Aus dem Vortrag von Prof. Mechthild Krause aus Dresden auf dem 38. HIT am 23.4.2016 in Berlin:
Die Protonenbestrahlung wird nach der Primär-Operation oder bei einem Rezidiv eingesetzt. Zu den Indikationen bei den Hirntumoren gehören resistente Tumoren der Schädelbasis, Chordome (im Kleinhirn), Chondrosarkome (u.a. in den Knochen), Meningeome der WHO-Grade II und III.
In Heidelberg läuft eine Studie, bei der zehn Patienten mit einer leicht erhöhten Strahlendosis über die üblichen Werte mit Carbon-Partikeln bestrahlt werden. Auch Dresden wird eine Studie eröffnen.
Die Nebenwirkungen der Partikel-Bestrahlung sind im MRT sichtbar.
Sie sind die Ursache für schlechtere Hirnleistungen.
Durch die Strahlen wird die Dicke der grauen Substanz geringer.
Die Hirndurchblutung nimmt in Abhängigkeit von der höheren Strahlendosis ab.
Das Ausmaß dieser Folgen ist nicht so sehr groß, es muss aber noch weiter untersucht werden.
Kindertumoren sind eine Standardindikation für die Protonenbestrahlung bei kurativer (heilender) Zielsetzung. Dazu gehören Tumoren im Hippocampus, in der Halsschlagader sowie die Ganzkörperbestrahlung. Bei Kindern kommt es vorrangig auf die Verringerung der Nebenwirkungen an. Ihre Lebensqualität ist besser als nach einer Bestrahlung mit Photonen.
Bisher gibt es noch relativ wenige Standardindikationen für die Partikeltherapie.
Fast alle Protonenpatienten befinden sich in Studien.
Das Ziel besteht darin, eine bessere Lebensqualität zu erhalten, die Gefahr von Spättoxizitäten (Spätschäden) zu verringern und die Heilung zu verbessern.
Antworten auf Fragen:
Werden Multi-Menigeome mit der Partikeltherapie behandelt?
Nach der Bestrahlung der gehäuft vorkommenden und wiederkehrenden Meningeome treten Hirnleistungsstörungen und andere Folgeschäden auf. Die Therapie ist problematisch, da man den Meningeomen hinterherläuft.
Wie ist das mit der Nebenwirkung „Fatique“?
(Fatique ist ein Erschöpfungszustand, der im Laufe von und nach Tumortherapien auftreten kann. Der Patient ist chronisch müde, antriebs- und kraftlos, leidet an Gedächtnis-, Konzentrations- und Wortfindungsstörungen und ist psychisch belastet. Sein Zustand ähnelt einer Depression.)
Vielleicht tritt Fatique nach der Partikeltherapie etwas weniger auf?
Mit Haarausfall, Einschränkungen der Hirnleistungsfähigkeit und den weiteren bekannten Bestrahlungsfolgen ist gleichermaßen zu rechnen (!).
Wie groß ist das Risiko, durch die Partikeltherapie spätere Tumore auszulösen?
Das Risiko, dass sich durch eine der Arten der Strahlentherapie ein neuer Tumor entwickelt, ist wesentlich geringer als das Risiko, die Bestrahlung gegen den aktuellen Tumor nicht durchzuführen!
Bei Kindern (!), deren Tumoren mit einer Ganzhirnbestrahlung (!) (betrifft nicht die Partikeltherapie) behandelt werden mussten, können (!) als Folgen sehr viel später (!) Tumoren entstehen.
Wie verläuft die Nachkontrolle bei der Partikeltherapie?
Die vier Zentren, in denen die Studien mit der Partikeltherapie laufen, müssen in diesem Rahmen die Erfolgskontrolle durchführen und tun dies auch.
Wie kann man die Folgeschäden verringern?
Das ist möglich, wenn man die Strahlendosis aufteilt, das ist bei der Partikeltherapie aber kaum möglich (!).
- Am Welthirntumortag am 8. Juni 2016 in Dresden sprach Dr. Andreas Schreiber aus Dresden.
Das Chordom ist der einzige Hirntumor, wo die Protonentherapie das Mittel der Wahl ist.
Das Risiko, durch eine Bestrahlung Krebs zu erhalten, ist nach zwanzig Jahren um ein Prozent erhöht. Dieses Risiko ist vernachlässigbar gegenüber dem Risiko des Tumors, wenn er nicht bestrahlt würde.
- Aus dem Vortrag von Prof. Jürgen Debus aus Heidelberg auf dem 41. HIT am 21.10.2017 in Berlin:
Bestrahlung mit Photonen – Ionen – Protonen:
Man erreicht im Tumor mit allen Bestrahlungsarten eine adäquate Dosis. (!)
Unterschiede gibt es vor und hinter dem Tumor.
Bis der Tumor sichtbar geschrumpft ist, kann es Jahre, mitunter aber nur Monate dauern.
(Prof. Debus zeigte vergleichende Bilder eines Patienten aus den Jahren 2005; 2007; 2013.)
Die Bestrahlungsdosis sollte wegen der Nebenwirkungen nicht höher sein als nötig.
- Aus dem Vortrag von Prof. Stephanie Combs aus München auf dem 44. HIT am 4.5.2019 in Berlin:
Protonen- / Ionen-Bestrahlung:
Die Bestrahlung mit Protonen bzw. Ionen ist (im Unterschied zur Bestrahlung mit Photonen, Elektronen, Röntgen) eine Teilchenbestrahlung.
(Die Teilchen geben ihre höchste Dosis erst im Zielgebiet, also dem Tumor, ab. Danach erfolgt ein steiler Dosisabfall.)
(Bei der Bestrahlung mit Photonen wird ein geringer Teil der Dosis im Verlauf der Strahlen an gesunde Zellen abgegeben. Diese werden nur geschädigt, falls sie sich gerade teilen, was sie (außer den Haarzellen) nur sehr selten tun. Dann aber haben sie die Fähigkeit, sich innerhalb kurzer Zeit selbst zu reparieren. Die gesunden Zellen werden meist nicht dauerhaft geschädigt.)
Geeignet ist die Teilchenbestrahlung, falls hochsensible Bereiche geschont werden müssen, z.B. der Hirnstamm, die Sehnerven usw.
Einen Vorteil hat sie nur für sehr wenige Krankheiten. Sie erbringt einen Vorteil bei Tumoren am Hirnstamm und bei Chordomen (sehr seltene bösartige Knochentumoren in der Wirbelsäule oder der Schädelbasis).
Vor allem wird sie bei Kindern eingesetzt, (weil sich deren Gehirn noch in der Entwicklung befindet, sich also auch die Hirnzellen noch häufiger teilen).
Bei Erwachsenen zeigt die Teilchenbestrahlung keine Überlegenheit (!) gegenüber der Bestrahlung mit Photonen.
Kann bei der Protonentherapie eine Strahlennekrose entstehen und wie wird sie behandelt?
Eine Strahlennekrose ist möglich. (!)
Ohne Symptome wird sie nicht behandelt. Ansonsten ist z.B. eine Operation möglich.
Folgen der Strahlentherapie bei Meningeomen (ohne Unterschied der Strahlenart):
Überwiegend ist die Lebensqualität nach der Bestrahlung die gleiche wie vorher.
Bei einigen Patienten (mit zuvor auffälligen Symptomen) kann sie besser werden.
Bei manchen Patienten verschlechtert sich die Lebensqualität.
Aber es entstehen keine Meningeom-Rezidive, wo bestrahlt wurde!
(Das kann ich persönlich aus eigener Erfahrung mit Photonenbestrahlungen bisher bestätigen. KaSy)
Wie lange wirkt die Strahlentherapie nach (ohne Unterschied der Strahlenart)?
Die Strahlung wirkt biologisch in den Zellen über Wochen und Monate nach. Deswegen spiegelt mitunter das erste Kernspin nach einer Strahlentherapie nicht das volle Ausmaß der Therapie wider.
- Am Welthirntumortag am 8. Juni 2019 im HELIOS Klinikum Berlin-Buch sprach Dr. Michael Kawgan-Kagan zur Protonenbestrahlung:
Die Bestrahlung mit Protonen hat den Vorteil, dass sie beim Eindringen in das Gewebe ihre Energie fast (!) vollkommen behalten und sie erst im Zielvolumen nahezu (!) vollständig abgeben ( „steiler Dosisabfall“). Das gesunde Gewebe wird dadurch besser geschont. Das ist für die Bestrahlung von Kindern, wegen der bei ihnen häufig beobachteten Hirntumoren als Spätfolgen, wichtig.
Es wurden aber auch Nachteile (!) beobachtet.
Die Eintrittsstelle wird stärker belastet (!) als bei der Bestrahlung mit Photonen.
Es wurde häufiger die Entstehung von Nekrosen (!) gesehen.
Es sei nicht unbedingt klar, dass die Protonenbestrahlung bei der Bestrahlung von Hirntumoren im Gesamterfolg (!) Vorteile erbringt.
KaSy