Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Jeder Beitrag hilft.

Jetzt spenden

Muercike

Liebe Alle,
Ich befinde mich in einer schwierigen Situation und würde gern euere Meinung wissen. Ich wurde im Mai vor zwei Jahren in der Schweiz wg Oligo II. (IDHmutiert, 1p/19q-kodeletiert) operiert. Es war eine Wachoperation, angeblich konnten um 90% des Tumors entfernt werden, es erfolgte KEINE Nachbehandlung. Ich hatte nach der OP mittelschwere neurologische Defizite, ganze rechte Seite funktionierte nicht mehr richtig, Gedächtnisschwäche, räumliche Wahrnehmung stark gestört. (könnte eine lange Liste schreiben). Ich war zwei Monate auf Reha. Im Herbst habe ich wieder begonnen zu arbeiten (war viel zu früh), bin aber freiberuflich im künst. Bereich tätig, was die ganze Geschichte noch komplizierter macht. Ich würde sagen, jetzt zwei Jahre später geht es mir sehr gut. Mein Ausdauer ist weniger geworden und bin sehr wetterfühlig, aber ansonsten kann ich mich nicht beklagen.
Nun bin ich von der Schweiz auch offiziell nach Österreich gezogen. Ich wollte alles nach Ö verlagern, habe mir einen Arzt gesucht etc. Habe dann die MR zur Kontrolle, die anstand, hier machen lassen. Leider zeigte sich auf dem letzten MR eine "Bewegung", woraufhin eine PET-CT angeordnet wurde. Die ganze Zeit über war ich auch mit meinem schweizer Arzt in Kontakt, ich "hänge" noch an ihn emotional. Der Arzt in Ö hat einen sehr guten Ruf und ich finde ihn auch sehr vertrauenswürdig. Nun ist die Situation eingetreten, die ich befüchtet hatte: ich habe zwei konträre Meinungen bekommen. Der Arzt, der mich operiert hat, meint, bei Gliomen ist die Aussagekraft von PET,umstritten und er sehe eine keine bemerkenswerte Veränderung beim Tumorrest. Er empfiehlt zu warten und erneut zu kontrollieren (mit MR/PET). Der andere Arzt und Tumorbord finden man sollte jetzt behandeln (Chemo/Strahltherapie). Nächste Woche habe ich die Sprechstunde beim Radiologen und Onkologen zur Aufklärung. Ich bin die ganze Zeit am Schwanken und weiss nicht mehr was ich denken soll. Was meint ihr?
Vielen Dank für Eure Hilfe schon im Voraus!

styrianpanther

Hi,
Grundsätzlich ist ein Oligodendrogliom Who-II ein noch gute Geschichte((Lotto 5er mit Zusatzzahl quasi).Ichempfehle eine Zweitmeinung oder Drittmeinung einzuholen .
Was bedeutet „Bewegung“ genau und wie sieht der MGMT Status aus ?
Kann noch operiert werden ?

Falls du im mrt unter kontrastmitel ein Wachstum siehst scheint Klärungsbedarf.
Chirurgisch ist Prof M. Vom Akh meine Empfehlung, den kannst Du Vorab auch um eine Zweitmeinung bitten , er macht auch wachOP.
Prof duffau in Montpellier ist auch ein hervorragender wachchirurg, da waren französisch Oder Englisch Kenntnisse aber von Vorteil.

Grundsätzlich wirkt bei Oligodendrogliomen die Chemotherapie nachhaltiger und besser, Insofern wir aktuell eher zur kombinierten Radiochemo ( Mc chemo oder mit TMZ) geraten,da damit das mediane Langzeituberleben bedeutend höher scheint ( >15 Jahre, btw. median ) vielleicht wäre einekombi TMZ+ Protonenbehandlung (ZB Medaustron in Wr. Neustadt ) Mit anschliessender weiterer chemo mind 6 Zyklen stuppprotokoll oder metronomisch gerade jetzt noch treffsicherer und effizienter.
Ich wurde in Wien operiert falls Interesse, bitte PN

Lg styrianpanther

Mego13

Liebe Muercike,

das ist eine verzwickte Situation. Ich glaube, dass Du in den Kontrast zwischen "alter" und "neuer" Herangehensweise gekommen bist. Früher hat man bei einem Oligodendrogliom II die "wait & see" Technik verwendet. Mittlerweile geht man dazu über aufgrund einiger Studienergebnisse auch schon vor dem ersten Rezidiv eine Weiterbehandlung mit Bestrahlung und Chemo zu empfehlen. Deine Tumorgenetik (IDH-mutiert; 1p/19q deletiert) ist sogar so günstig, dass es eine Empfehlung der PC-Chemo wahrscheinlicher macht. Ein PC-Chemozyklus umfasst mindestens 6 - 8 Wochen, im Notfall kann man auf maximal 10 - 12 Wochen gehen.
Ich bin übrigens auch selbständig, auch im künstl. Bereich tätig, hatte meine Wach-OP im Juni 2019. Ich habe die gleiche Tumorgenetik wie Du, was bedeutet, dass der Tumorrest sehr gut auf Bestrahlung und Chemo anspricht. Meine Bestrahlung hatte ich im Nov./Dez. 19. Die 4 Zyklen PC-Chemo hatte ich seit Anf. Januar dieses Jahres. Ich bin nun durch und warte gerade auf meine Reha.
Falls Du Fragen hast, gerne raus damit.

LG
Mego

styrianpanther

Guten Morgen nochmal,

es macht Aus meiner Sicht jedenfalls Sinn im Falle einer Entscheidung pro Radiotherqaphie sowohl die Art der Bestrahlung und Auch der Chemotherapie mit Spezialisten zu thematisiere. ( Procarbazine, CCNU and vincristine (PCV) versus temozolomid Chemo) .

Da sind die Behandlungsverläufe und möglich Nebenwirkungen schon individuell sehr unterschiedlich
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6154749/

..die PC- chemo fährt offenbar schon richtig stark, wie Mego 13 auch in einen extra Thread sehr ausführlich schildert.....vielleicht wirkt sie aber auch besser.
Grundsätzlich ist Sie meiner Erkenntnis nach aber nicht immer gleich die erste Wahl.



Ich wünsche allen hier einen je nach Wetter und Gemütslage stressfreien schönen Sommertag

Margaretha

Hallo,
Ich kann dir leider auch nicht raten was zu tun ist, bin aber auch der Meinung, dass eine Nachbehandlung bei deinem Tumortyp mittlerweile Standard ist.
Ich wollte nur anmerken, dass ich die Bestrahlung und bisher zwei Zyklen PC Chemo ohne nennenswerte Nebenwirkungen hinter mir habe. Das gibt es also auch und ich hoffe das macht dir etwas Mut!
Aber besprich das auf jeden Fall nochmal mit deinen Ärzten und hole dir notfalls eine weitere Meinung ein.
Alles Gute!
M

Mego13

Hallo zusammen,

da bin ich noch einmal. Ja, PC ist schon heftig, soll allerdings besser wirken. Normalerweise ist sie nicht Erstlinientherapie, bei einem Oli II mit der Genetik (leider) schon, weil sie wohl gerade bei diesen Voraussetzungen besonders gut anschlägt. Ich hatte mich während meiner Bestrahlungszeit intensiv eingelesen und noch bevor ich wusste, welche Chemo das Tumorboard für mich festlegt, war ich mir sehr sicher, dass es PC wird.
Meine Neurochirurgin hat zum Glück mit der Strahlentherapeutin darauf bestanden, dass Bestrahlung und Chemo im Fall von PC voneinander getrennt werden. Das war goldrichtig.

LG
Mego

Muercike

Liebe Alle,
Vielen Dank für Eure Antworten. Ich habe mittlerweile eine Drittmeinung organisieren können. Die Neuroonkologin von dem anderen Krankenhaus ist der selben Meinung wie der Arzt in der Schweiz. Es gibt kein Rezidiv, PET zeigt zwar eine Bewegung, aber es gibt ja kein Vergleich, da dieses die erste PET war. Lieber warten, als schon jetzt behandeln, meint sie.
Hmmm. Es ist so schwer...dass man solche Entscheidungen treffen muss.
Ich werde jetzt die Sprechstunde abwarten und schaue was der Radiologe und Onkologe sagen...
Liebe Grüsse

Muercike

Liebe Alle,
Nun hab ich die Sprechstunden hinter mir. Mir wurde eine Radiochemo Therapie empfohlen. 6 Wochen. Sie sind der Meinung, man sollte jetzt behandeln und nicht warten. Warum jetzt? Sie sagen, jetzt sei ich super fit und würde die Therapie besser vertragen. Es hätte ein geringgradige Wachstum stattgefunden.
Es kommt mir alles so surreal vor, ich habe mich so gut von den Folgen der OP erholt, ich kann fast alles wie früher. Ich hab Angst, dass ich das, was ich mir wieder erarbeitet habe, durch die Behandlung verliere. Tatsache ist, wenn mein Gedächtnis sich verschlechtert, kann ich in meinem Bereich nicht weiterarbeiten. Das alles macht mich gerade unwahrscheinlich traurig. Ich war immer so optimistisch und habe daran geglaubt, dass ich schaffen kann weiter so zu leben und zu arbeiten, wie davor. Es fehlt mir sehr schwer das Alles zu akzeptieren.
Es tut mir leid, dass ich Euch so voll „jammere“ gerade, aber ich weiß gerade nicht mehr, wem ich das sagen soll. Niemand versteht es so richtig.
Liebe Grüße in die Runde

Tusnelda64

Liebe Muercike,

wenn Du Dich nach der OP so gut erholt hast, brauchst Du Dir m.E. keine Gedanken um die Folgen von einer Strahlen- und Chemotherapie zu machen.

Während einer OP ist es leider immer möglich, dass negative Folgen ggfs. auch dauerhaft bleiben. Da kann keiner Garantien geben und auch während der OP-Aufklärung wird das so kommuniziert. Das dürfte aber weder auf eine Strahlentherapie noch auf eine Chemo zutreffen. Dort sind die Beschwerden in der Regel temporär, auch wenn es z.T. recht heftig und langandauernd ist. Aber am Ende wirst Du wieder die "Alte" sein.

Liebe Grüße
Tusnelda

styrianpanther

Liebe Muercike,

Die Zeiten ändern sich.....
Ich habe Ab 2013 hoffnungsfroh vierteljährlicher MRTs gemacht und gewartet. Der Tumor ist immer nur Mini langsam gewachsen bis er 2015 Im Langzeitvergleich schon sichtbar viel größer wurde und dann 2017 Wieder Kontrastmittel aufnahm . Ich hatte Glück im Unglück und konnte 2018. nochmals, soweit möglich, operiert werden und habe individuell die Protonentherapie in Kombination mit der recht gut verträglichen Temodal Chemo (+Als Individuellen Heilversuch noch Methadon dazu genommen, schulmedizinisch empfohlen ist das aber klar nicht !!!.
Ich würde aus heutiger Sicht jedenfalls früher behandeln, aber es ist keine einfache Entscheidung .
Ich würde daher zumindest beobachten und und bei klarer Wachstumstendenz/Proggressio ( die man bei 3 Monate Kontroll- MRTs weniger sieht ,,was trügerisch ist ) eher früher eine für Oligodendrogliome passende Radiochemo machen.

Je früher der Tumor vernünftig ( aber was ist Schon vernünftig ? ) bekämpft wird , desto weniger bzw langsamer/später können sie in gesundes und eloquentes Gewebe diffus einwachsen......Ist zumindest meine Sicht
Bleibe achtsam Und hinterfrage und sei Dir trotzdem sicher , Du wirst die beste Entscheidung für Dich treffen !!

Alles Gute
Styrianpanther

Mego13

Liebe Muercike,

ich kann Dich sehr gut verstehen. Gerade weil wir in einem ähnlichen Bereich tätig sind. Da ist die Arbeit auf eine sehr positive Art und Weise Teil des eigenen Lebens und der Identität.
Ich möchte Styrianpanther trotzdem Recht geben, wenn der Tumor irgendwo einwächst, dann wird es sehr schwer mit der OP und das kann auf jeden Fall zu irreversiblen Folgen führen.
Ich habe mich auf Rat der Ärzte auf die Bestrahlung und die PC-Chemo eingelassen.
Allerdings können die Folgen auch dabei irreversibel sein. Die Bestrahlung kann zu Strahlendemenz führen. Das muss absolut nicht sein. Aber die Gefahr bleibt natürlich. Die Chemo kann zu Schäden an Herz, Lunge oder Knochenmark führen.
Ich habe die letzte Chemotablette am 30. Mai genommen, am 23. Juli waren die Leukozyten wieder im unteren Normalbereich, der Chemozyklus also beendet. Meine körperliche Schwäche ist immens und ich habe eher das Gefühl, dass sie stetig wächst, als dass sie abnimmt. Mein Ferritinwert lag bei 12, vor zwei Wochen habe ich eine Eiseninfusion bekommen. Bisher habe ich keine Stärkung bemerkt. Ende der vergangenen Woche wurde ein Vitamin D-Wert von 23 ng/ml. Je nach Quelle leichter Mangel bis suboptimal. Mein Hausarzt hat mir Donnerstag 20.000 i.E Vitamin D gegeben, am Samstag habe ich nochmal 3.000 i.E. genommen. Da mein Körper so geschwächt zu sein scheint, hat er es nicht vertragen, hat Anzeichen einer Calciumvergiftung gezeigt.
Die Rückkehr in meinen Beruf ist in ganz ganz weite Ferne gerutscht, wenn überhaupt möglich. Ich versuche über den Tag verteilt kleine Yogaübungen zu machen. Habe mich dabei von 5 auf 10 Minuten rauf gearbeitet. Bei meinen täglichen Spaziergängen schaffe ich maximal nur 1,5 km. Während der Chemozyklen 1 - 3 habe ich noch 3 - 4 km geschafft. Vor der Entdeckung des Tumors war ich Treppen- und Halbmarathonläuferin.
Was für mich immer noch für eine Behandlung spricht , eine zweite OP birgt immense Gefahren. Kleinere Tumorreste lassen sich besser und leichter behandeln.

Ich wünsche Dir, dass Du für Dich die richtige Entscheidung triffst.
LG

Mego

Antworten nur für eingeloggte Benutzer möglich

Nur angemeldete Nutzer können eine Antwort erstellen. Bitte loggen Sie sich ein oder erstellen Sie einen Account.