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Pöppi

Meine Mutter, 70, leidet an einem Glio. Sie wurde 2001 operiert, bestrahlt und mit Chemo behandelt. Trotzdem wächst der Tumor wieder. Bis Anfang März ging es ihr relativ gut, sie fuhr viel Fahrrad, versorgte notdürftig ihren Haushalt. Seit etwa 4 Wochen spitzt sich die Lage zu. Sie schläft fast den ganzen Tag. Dadurch, dass die linke Seite gelähmt ist, ist sie nicht mehr selbst in der Lage, sich im Bett zu drehen oder aufzustehen. Meine Mutter war immer eine liebe Person und hat - während ich arbeitete - unsere Kinder großgezogen. Seitdem sie nun konstant auf Hilfe angewiesen ist, tyrannisiert sie uns rund um die Uhr. Nicht nur tagsüber, sondern auch nachts klingelt sie in Abständen von höchstens 30 Minuten, weil sie eingecremt werden möchte, falsch liegt, es im Zimmer zieht, sie auf den Toilettenstuhl möchte o.ä. Ganz davon abgesehen, dass die ganze Familie nachts nicht ein Auge zubekommt, beschimpft sie vor allen Dingen mich immer wieder. Ein Danke ist inzwischen ausgeschlossen.

Kann mir jemand aus Erfahrung berichten, ob das mit dem Tumor in Zusammenhang gebracht werden kann und ob ich diesen Psychoterror ernst nehmen muss?

Für ein paar Erfahrungsberichte wäre ich dankbar, denn das Mitleid und die Hilflosigkeit gegen diese Krankheit schlagen langsam in Zorn um. Selbst, wenn man sich lange Zeit beherrschen kann, irgendwann ärgert man sich auch 24 Stunden am Tag.

Ramona[a]

Hallo Pöppi,

sprich hier unbedingt mal mit dem behandelnden Arzt, denn eine Wesensveränderung ist eine "normale" Begleiterscheinung. Es gibt auch die Möglichkeit dies mit Medikamenten ganz gut in den Griff zu bekommen.

Ich habe genau diese Erfahrung gemacht und wußte allerdings nicht, daß dies mit der fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu tun hatte. Sie war auch immer lieb und umgänglich. Plötzlich hat sie mich als "gemeines Biest beschimpft, weil ich sie ins Krankenhaus abgeschoben habe" und in dieser Weise kamen die übelsten Beleidigungen von ihr. Ich war völlig fertig und habe manchmal sogar versucht mit ihr zu diskutieren, aber das hat nicht funktioniert. Am nächsten Tag wußte sie plötzlich gar nichts mehr davon, war wieder klarer, brachte aber auch viele andere Dinge durcheinander. Es ist so bitter. Auch heute (1 1/2 Jahre nach ihrem Tod) habe ich noch jede Beleidigung im Ohr und sie versetzt mir immer noch einen Stich, obwohl ich inzwischen weiß, das dies nicht wirlich meine Mutter war.

Alles Gute für Euch und viel Kraft
Ramona

Claudia[a]

Meine Mutter ist 12/2002 operiert worden. Ihr Tumor explodiert wieder.
Sie schätzt sich völlig falsch ein, was Sie noch tun kann. Wenn sie fällt und Papa sie aufheben will, dann soll er nicht so grob zugreifen. "Tu mir nicht so weh." Bei mir beschwert sie sich über ihn.
Es ist alles etwas seltsam. Was sie sagt. Ich denke das Bewußtsein ist ziemlich eingetrübt, das Beurteilungsvermögen ist eingeschränkt. Ich weiß nicht was in diesem Kopf noch vorgeht. Es ist am Besten die Kommentare abprallen zu lassen, sie nicht ernst zu nehmen. Lernen kann der Glio-Patient sowieso nicht mehr. An früher denken is hier angebracht. Wenn das Zeitgefühl nicht mehr da ist, dann weiß der Patient auch nicht, dass er alle halbe Stunde klingelt oder ruft. Meine Mutter ißt dauernd, weil sie nicht mehr weiß, wann sie das letzte Mal gegessen hat.
Auch aufgrund der Krankheit ist der Patient sehr auf sich fixiert, hat eine Menge mit "sich zu tun".
Es ist schwer und ich leide auch darunter, aber leider sind unsere Mütter nicht mehr die, die sie waren. Mit Persönlichkeit hat das, was wir erleben wenig zu tun.
Ich wünsche auch Dir und deiner Familie viel Kraft.

Claudia

Heike[a]

Hallo zusammen,

kann es sein, dass das Problem eher Frauen als männer betrifft? Bei meinem Vater äußert sich die Wesensänderung so, dass er nun viel viel lieber ist als vorher, viel offener mit allen und mich sich + der Krankheit umgeht und sich über alles sehr sehr viel mehr freut. Zwar hat auch er zum Teil das Datum oder die Zeit vergessen, deshalb raucht er zum Beispiel Kette, weil er nciht mehr weiß, wann er sich die letzte angesteckt hat, aber das ist eher nicht so schlimm. Ich drücke Euch allen die Daumen, dass es wieder bergauf geht und man muß immer im Hinterkopf behalten, dass bei den Patienten das Gehirn betroffen ist, dadurch kann es schon mal zu Reaktionen kommen, die nicht vorhersehbar sind. Natürlich ist es auch schwierig, auf einmal vom aktiven Leben hin zu einem Patientenleben zu kommen, diese Umstellung würden wir selbst sicher auch nicht so einfach verkraften. Mitgefühl und Verständnis sind wohl angebracht, auch wenn es schwerfällt, weil man sich selbst ja auch sehr kümmert und einbringt. Es sind aber doch immer geliebte Menschen und deshalb fällt es vielleicht leichter, evtl. "Beleidigungen" und "Anstrengungen" wegzustecken.

Alles Liebe,

heike

Pöppi

Liebe Ramona,

ich habe heute noch einmal einen Hilferuf abgeschickt. Meine Mutter ist seit zwei Wochen in einem Pflegeheim. Die erste Woche verlief relativ normal. Jetzt ist es auch dort so, dass sie in Abständen von 5 Minuten klingelt. Gestern Abend hätte ich mich am liebsten mit einem schwarzen Kapuzenmantel aus dem Pflegeheim geschlichen. Ich habe mich für meine Mutter geschämt. Als die Schwestern noch dabei standen, klingelte sie weitere zweimal. Die Glocke ist auf der ganzen Station zu hören. Redet man mit ihr, beschimpft sie einen. Das ist für uns, für das Personal und auch die anderen Bewohner unerträglich.

Hast du eine Ahnung, ob man das wirklich medikamentös irgendwie verhindern kann? Dann würde ich einmal mit dem Pflegearzt reden.

Diesen Zustand hält kein Mensch auf Dauer aus?

Kennst du evtl. solche Medikamente?

Herzlichen Dank
Pöppi

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