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Thema: Wesensveränderung durch Prolaktinom

Wesensveränderung durch Prolaktinom
fiodora
30.10.2013 10:59:41
Hallo,

ich würde euch gerne um euren Rat und eure Hilfe bitten.
Themen dieser Art wurden bereits des öfteren hier angesprochen wie ich gesehen habe. Allerdings nicht in Zusammenhang mit einem Prolaktinom (wobei ich auch nicht weiß ob das einen Unterschied macht?).

Es geht um meinen Lebensgefährten (33), der vor 1,5 Jahren die Diagnose eines Makro-Prolaktinoms bekommen hat. Seither nimmt er täglich Cabergolin und ist regelmäßig in endokrinologischer Behandlung. Er hat sich seither sehr stark verändert und ist nicht mehr der selbe Mensch.

Wir sind seit über 13 Jahren ein Paar. Unsere Beziehung war immer etwas ganz Besonderes. Ihr kennt das sicher, bei sehr wenigen Paaren spürt man es förmlich: „Das ist etwas GANZ Besonderes“. So war es auch bei uns.

Tja, nur leider ist das inzwischen wie weggeblasen. Von unserer Besonderheit ist nichts mehr übrig. Ich habe bereits mehrfach versucht ihm das zu schildern, denn er nimmt diese Veränderung gar nicht richtig wahr. Ich denke das hängt mit dem veränderten Hormonhaushalt zusammen und nehme ihm das deswegen auch nicht wirklich übel (das er mich in diesem Punkt nicht versteht) – auch wenn es sehr weh tut. Für mich fühlt es sich an, als ob er mich nicht mehr lieben würde.

Manchmal gesteht er sich auch ein, dass er sich verändert hat (bevorzugt natürlich nicht mir gegenüber). Alles was er dazu dann zu sagen hat ist aber, dass er seine Veränderung toll findet und ich mich damit abfinden muss weil er es eh nicht ändern kann und auch nicht will. Und dann ist auch schon Schluss mit Gespräch. Denn gerade diese wie er sagt „anstrengenden Diskussionen“ sind für ihn ein absolutes „No Go“ im Moment...

Ich kann mich damit aber nicht abfinden. Zumal er den Sachverhalt immer gerne umdreht: nicht er ist der, der Hilfe braucht, sondern ich soll mir einen Psychologen suchen wenn „ich“ mit „mir“ nicht mehr klar komme... Denn „er“ kommt mit „sich“ ganz wunderbar aus (diese häufige „Ich“-/“Du“-Form gab es bisher in unserer Beziehung auch nicht – da war das immer ein „Wir“).
Das geht wirklich an die Substanz... Ich bin sehr froh, dass wir so viele wunderwunderschöne Jahre hatten, denn so weiß ich, um was es sich zu kämpfen lohnt!!

Bei der letzten Untersuchung (im April) wurde festgestellt, dass das Prolaktinom inzwischen vollständig verschwunden ist (die Ärzte können es selbst kaum glauben und ich bin überglücklich darüber!!). Sein Endokrinologe möchte das er das Cabergolin noch mind. ein Jahr weiter nimmt. Und auch seinen Notfallausweis wegen einer möglicherweise Nebenniereninsuffizienz in Stresssituationen trägt er weiter bei sich.

Bekommt er, gesundheitlich gesehen, jemals wieder die Chance, ein Stück seiner alten Persönlichkeit zurück zu bekommen? Ganz „der Alte“ wird er denk ich nicht mehr. Das werde ich auch nicht mehr. Erlebnisse und Erfahrungen verändern Menschen – so ist das nun mal (und das muss auch nicht immer negativ sein).
Aber vielleicht kann man das was seine Hormone gerade durchmachen mit einer Art „zweiten Pubertät“ vergleichen – und Pubertät geht schließlich auch irgendwann vorbei?!?

Kann ich nun hoffen, dass sich das alles wieder irgendwann einpendelt? Ich weiß ja noch nicht mal, was seine Persönlichkeit so beeinflusst... Das Prolaktinom? Das Cabergolin? Beides?

Über eurer Feedback, eure Einschätzung und eure Erfahrungen würde ich mich sehr freuen!
fiodora
mona
30.10.2013 14:33:08
Hallo fiodora,
ich kann nur meine Erfahrung schildern und so wie du es schreibst sieht und empfindet ein angehöriger das als schlimmer(Sorgen,Ängste usw.).Ich habe mich in meiner persönlichkeit auch verändert,streitigkeiten nerven mich und ich versuche zu verstehen wie mein Partner sich fühlt,leider ist die Einsicht das der andere Recht hat immer schwierig,wer gesteht sich das gerne ein das jetzt was anders ist und man nicht mehr so ist wie vorher.Versuch immer noch das positive zu sehen und versuch nicht ihn mit früher zu vergleichen.
Ich wünschte mir meine Gesundheit wieder denn da wäre ich nicht von dem tgl.Befinden abhängig.Das da kein Wachstum mehr ist ist ja sehr gut und drück euch die Daumen das ihr die Kraft für kleine distribute habt.
Lg mona
mona
fiodora
30.10.2013 15:37:41
Du versuchst zu verstehen, wie dein Partner sich fühlt. Das find ich sehr gut, richtig und wichtig. Und ich bin mir sicher, dass Ihr diese schwierige Zeit gemeinsam meistern werdet! Ich wünsch euch von ganzem Herzen das Beste hierfür!

Die Behandlung bzw. die Erkrankung hat meinen Lebensgefährten verändert. Nicht global gesehen negativ. Aber in Bezug auf unsere Beziehung wirklich sehr. Ich bin quasi der Prellbock für alles geworden. Am besten kommen wir aus, wenn ich ihn komplett in Ruhe lasse.
Seine Familie (Mutter, Vater, Schwestern) hat durch die Veränderung auch nicht gut abgeschnitten. Wohingegen seine Freunde ganz begeistert sind von seinem "neuen ich". Er ist für sie jetzt mehr so der "Partytyp" und "Draufgänger". Das kommt dort gut an und er geht in dieser Rolle auch voll auf...

Kraft für kleine Distribute haben wir noch. Wobei die Belastungsgrenze tagesformabhängig ist... Im Moment bin ich sehr ausgelaugt und fühle mich meiner Energie beraubt. Ich weiß nicht wohin uns diese Reise führt - wir werden sehen.
fiodora
Schmetterlin
30.10.2013 19:34:58
Hallo fiodora!

Vielleicht hat ihn seine Krankheit wirklich verändert. Ich meine nicht durch Medikamente oder das Prolaktiom, sondern,die Krankheit lässt in anders über das Leben denken.
dass er was erleben will, dass er all das macht, was er früher nicht getan hat, dass er alles voll auskosten will.

Ich denke er will das Leben einsaugen, alles aufeinmal.

So wird er wahrscheinlich mit der Situation fertig.

Ich denke so, weil Du schreibst, dass er bei seinen Freunden der "Draufgängertyp" und Partytyp ist.
Mit diesen muss er wahrscheinlich nicht über Krankheit reden.

Das ist sicher sehr schwer für Dich
Vielleicht solltest du mitfeiern und so tun als wenn es die Krankheit nicht geben würde. Vielleicht nähert ihr euch dann wieder besser an.

Viele vielleichts, ich weiß.
Wünsche Dir viel Kraft
Schmetterlin
Prof. Mursch
31.10.2013 16:33:45
Es kann sein, das es sich um ein hormonelles Problem handelt, eine Nebenwirkung der Therapie.
Weniger der Partnerin und der Familie zugewandt, eher aggressiv und forsch passt vielleicht auch zu etwas mehr Testosteron oder weniger Prolactin.
Was der "Normalzustand" ist, kann man wohl nicht sagen.
Vielleicht sollten Sie gemeinsam mit dem Endokrinologen reden.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
fiodora
04.11.2013 10:16:30
Hallo Herr Prof. Dr. Mursch,

vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich vermute dahinter auch hormonelle Schwankungen.
Schwankungen aus dem Grund, da es durchaus auch Momente gibt, in denen er wieder "normal" ist (mir gegenüber gegenüber).

Dieses Wochenende z.B. war vollkommen in Ordnung bzw. wunderschön, weil: es war wie früher. Wir konnten normal reden, sind normal und liebevoll miteinander umgegangen und das trotz eines kritischen Einstiegs am Donnerstag Abend (er hat eine "Schlägerei" entfacht beim weg gehen...).

Ich vergleiche seine Gemütslage gerne mit einem On-/Off-Kippschalter...
Er nimmt das nicht wahr - er sieht die Unterschiede nicht. Zumindest schildert er das mir gegenüber so. Ich glaube insgeheim weiß er es auch, denn seinen Freunden gegenüber gesteht er in 4-Augen-Gesprächen hin und wieder, dass ich ganz schön viel aushalten muss zur Zeit mit ihm. Vermutlich scheut er nur das Gespräch mit dem Arzt bzw. die Antwort von diesem.

Die letzten Hormonwerte sind im Oktober genommen worden. Ich werde mal einen Blick in den Bericht werfen sobald er da ist (wegen Testosteron und Prolactin). Wobei das ja auch nur eine "Momentaufnahme" vom Tag in der Klinik ist. Ich kann ihm schlecht Blut abzapfen in Momenten in denen ich denke das die hormonelle Balance aktuell wieder völlig daneben ist...

Denken Sie der "On-/Off-Zustand" könnte sich nach Beendigung der Therapie wieder normalisieren?

MfG
fiodora
fiodora
Annanina
30.05.2014 11:28:09
Liebe fiodora
Als ich deinen Text las, sah ich mich und unsere Situation wieder. Ich bin seit 12 Jahren mit meinem Partner zusammen, haben ein bald 2-jahriges Kind und letztes Jahr wurde bei meinem Partner ein makroprolaktinom diagnostiziert, welches mit cabergolin behandelt wird. Seither hat er sich sehr stark verändert & unsere Beziehung droht zu zerbrechen. Der ehemals so gutmütige, geduldige, liebevolle, etwas zurückgezogener Mensch wurde nun zu einer komplett anderen Person. Er ist aggressiv geworden,
nicht mehr geduldig, sehr outgoing. Und seine ehemalige Gutmütigkeit nervt ihn und er stellt nun alles in Frage--v.a. unsere Beziehung.
Es geht mir wie dir: der alte wird er nie mehr werden. Damit kann ich leben. Man verändert sich. Aber was wird so bleiben wie es jetzt ist? Oder ist das einfach eine temporäre Umstellung, bis sich alles eingependelt hat? Sozusagen wie in einer Pubertät? Denn schlussendlich ist es ja rein hormonell gesehen wie eine Pubertät: das Testosteron steigt. Ein Jugendlicher/Mann ist ja auch nicht die ganze zeit in der Pubertät.
Wie hat es sich bei euch entwickelt? Ist es immer noch so schwierig, dass du fast nicht mehr an ihn rankommst?
Mfg
Annanina
Annanina
Hypophyse77
29.06.2014 15:42:41
Man möge es mir verzeihen, wenn ich sehr direkt und offen antworte, aber ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt darüber, dass kein Arzt es für "möglich hält", dass das Cabergolin solche Nebenwirkungen mit sich bringt.

Ich selbst leide seit 1997 an einem Prolaktinom (damals als eingeblutetes Makroadenom festgestellt). Von Januar 1998 bis Dezember 2006 wurde ich mit Pravidel (Bromocriptin) erfolgreich behandelt. Das Adenom ist auf eine minimale Größe von noch nicht mal mehr 0,5 cm zurückgegangen und ich fühlte mich unter der Therapie mit Bromocriptin super. Ich ging meiner Vollzeitbeschäftigung nach, war aktive Rettungsschwimmerin und trainierte 2x die Woche. Zudem war ich in der Jugendarbeit aktiv und alles lief super. Das Adenom betitelte ich damals so schön als "meinen Mitesser" und alles lief gut.
Als ich im Oktober 2006 mit unserer Tochter schwanger wurde, setzte man das Bromocriptin während der Schwangerschaft ab. Im Sommer 2007 wurde unsere Tochter geboren und danach bekam ich von meinem Arzt Dostinex (Cabergolin) verordnet. Nun - meine Informationen zu diesem Medikament bezogen sich damals auf Dinge aus dem Internet, die ich lt. meinem Arzt einfach ignorieren sollte. Im Internet wurde von erheblichen Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen, Aggressivität und vielem mehr berichtet. Auch, dass einige Patientin Gedächtnislücken aufwiesen und und und. Ich wollte dieses Zeug zunächst nicht, aber mein Arzt überzeugte mich, dass es einfacher damit wäre. Schließlich würde ich nur noch 2 Tabletten pro Woche einnehmen müssen, statt wie beim Bromocriptin bis zu 3 Tabletten pro Tag.
Die ersten 2 Jahre verliefen ganz ok, die Werte waren im oberen Normbereich. Aber meine Leistungsfähigkeit ging zurück, ich war leicht reizbar und teilweise mit kleinen Dingen schon überfordert. Der Arzt schob es auf die Umstellung des Alltags. Von wegen kleines Kind, weniger Schlaf usw.
Mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Im Januar 2011 wurde ich dann mit unserem Sohn ungeplant schwanger. Das Dostinex wurde abgesetzt und nach einigen Wochen fühlte ich mich irgendwie anders. "Das sind die Hormone" sagte mein Facharzt und damit war die Sache für ihn gegessen. Nach der Geburt unseres Sohnes im Oktober 2011 bekam ich 4 Tabletten Cabergolin pro Woche, um den Prolaktinspiegel zu senken. Innerhalb von einigen Wochen nahm ich 18 (!) Kilo ab (von 113 auf 95 Kg). Mit meinem Gewicht sank auch alles, was ich je an Kraft, Elan und Lebensfreude hatte. Ich war mitten in einer postpartalen Depression gefangen. Aggressivität, Suizidgefahr - es war das volle Höllenprogramm. Ich bekam alles, nur keiner glaubte mir, dass das Cabergolin mir echt den Rest dazu gab.
Heute - fast 3 Jahre später - habe ich endlich durchgesetzt, dass ich wieder Bromocriptin nehmen kann. Lt. Packungsbeilage kann es ähnliche Nebenwirkungen verursachen, aber komischerweise kann ich inzwischen wieder lachen. Von Herzen lachen und Spass haben - ich brauche mich nicht mehr zu verstellen, um meiner Umwelt die "gute Laune" zu signalisieren (die ich in den letzten Jahren selten hatte). Ich bin auch wieder bereit mehr raus zu gehen - kein sozialer Rückzug mehr.

Ich habe Kontakt zu anderen Personen mit Hypophysen-Adenomen und so viele berichten von erheblichen Nebenwirkungen unter Cabergolin. Auch bei ihnen wurde meist argumentiert, dass das nicht am Medikament liegt, sondern an den Werten. Nur erklär uns einer mal, wieso es an den Werten liegen sollte, wenn diese sich im Normalbereich befinden?

Also: Definitiv die Hormonwerte komplett checken lassen. Und dann einfach die medikamentöse Therapie mit dem behandelnden Arzt besprechen. Ich kenne auch Personen, die auf Bromocriptin nicht so gut angesprochen haben, wie auf Dostinex. Diese nehmen daher z. B. Antidepressiva zum Cabergolin dazu. Jeder Körper ist anders und wichtig ist es, darüber zu reden und alles abzuklären!
Hypophyse77
weimang111
30.06.2014 11:01:12
Liebe Forum-Nutzer,

ich möchte mich kurz vorstellen, ich bin weiblich und 27 Jahre alt. Bei mir wurde vor 2 Monaten ein Makroadenom (1,8 cm) festgestellt.Momentan bin ich in der medikamentösen Behandlung - Einnahme von Cabergolin.

Dieses Medikament werde ich nun aber absetzen, da ich am 29.07. in der Uniklinik Tübingen operiert werde. Ich habe mich für die Operation entschieden, da ich mich seit der Diagnose / Einnahme von Cabergolin verändert habe. Es ist schwer zu sagen, ob es nun am Medikament liegt oder "einfach" an der der Tatsache, dass da etwas im Kopf ist was meinen größten Wunsch - das Kinder kriegen - verhindert.

Ich habe sehr schlimme Tage, aber auch wieder Tage an denen ich dem Tumor den Kampf ansage.

Ich bin nun einfach auf der Suche nach einem "Chatpartner" - evtl. mit gleichem Schicksal (Kinderwunsch, Operation usw.).

Ich bin über jede Rückmeldung dankbar! Liebe Grüße
weimang111
stefan089
19.05.2020 23:55:16
kann mich da nur anschießen, von Ärzten zumindest in Deutschland werden die psychischen Nebenwirkungen von Cabergolin wesentlich unterschätzt.

Obwohl das Medikament sehr gut verträglich ist, kann ich jedem nur raten gut die eigenen Verhaltensmuster zu beobachten. Gerade bei Männern ändert sich da wirklich einiges.
stefan089
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