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hope58

Mein Mann (80 Jahre, Glioblastom Grad IV, linke hintere Seite, OP zu gefährlich, Diagnose vor 2 Monaten, wartet noch auf die Strahlentherapie) liegt fast nur noch im Bett. Er könnte sich zwar körperlich noch einigermassen bewegen, aber er sieht nicht ein, wozu er noch aufstehen soll. Er öffnet seine Post nicht mehr, schaltet seinen Computer nicht mehr ein, hört auch nicht mehr Radio. Ich glaube, es ist für ihn zu anstrengend, weil er einfach vieles nicht mehr versteht.
Es ist so schlimm, ihn so verzweifelt zu sehen. Vor kurzem war er noch eine starke, aktive Persönlichkeit trotz seines Alters.
Kann ich ihn irgendwie dazu bewegen, wieder etwas zu tun oder ist es besser, ihn einfach liegen zu lassen?

Mayla

Hallo hope58,
vielleicht ist ein Gespräch mit einem Psychoonkologen oder Krebsberatungsstelle hilfreich, das Angebot ist auch für Angehörige
Alles Gute Mayla

Angela

Hallo hope58,
ohne Euch und Eure Lebensverhältnisse zu kennen, ist es schwierig, Dir zu raten. Eine psychoonkologische Behandlung wäre sicher gut.
Was schlägt denn der behandelnde Arzt vor. Er könnte z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Mobilitätstraining im Hause verordnen.
Meinen Mann bringe ich regelmäßig zum Reha-Sport (Hockergymnastik). Ich sorge dafür, dass er täglich mit mir einen Spaziergang bis ins nächste Café macht und dass er ein wenig Ablenkung durch Freunde und Familie hat. Ich nehme ihm sämtliche Arbeiten ab, denn manches versteht er nicht oder es ist zu anstrengend oder belastend für ihn.
Ich erzähle ihm von den Langzeitüberlebenden. Inzwischen hat er selbst schon mehr als 3 Jahre geschafft und es geht ihm jetzt besser als zu Beginn der Krankheit.
Ich hoffe, dass Dein Mann die schlimme Diagnose möglichst bald verarbeitet und wieder Lebensmut fasst. Im Alter soll die Zellteilung langsamer gehen, die Chancen, dass er noch ein paar Jahre vor sich hat, dürften nicht so schlecht sein.
Alles Gute wünscht Euch Angela

LinaK

Liebe Hope58, ich hoffe, dass dein Mann die Hoffnung und seinen Lebenmut wiederfindet! Lina

hope58

Vielen Dank für Eure Ratschläge und Wünsche.
Das macht uns Mut, Angela, dass die Zellteilung im Alter langsamer wird und der Tumor somit auch langsamer wächst.
Heute wird das neue MRI gemacht und wir hoffen auf guten Bescheid.

Angela

Liebe hope58,
wann bekommt ihr das Ergebnis des MRI?
Ich drücke die Daumen, dass es gut ausgefallen ist und Dein Mann wieder Hoffnung schöpft.
LG Angela

hope58

Liebe Angela,
Das Ergebnis kommt erst am Montag. Es geht immer alles so lange.
LG hope58

LinaK

Das ist bei mir meistens auch so. Ich drücke also weiterhin die Daumen!
LG Lina

hope58

Leider ist der Tumor gewachsen. Die Bestrahlung beginnt in einer Woche. Schlimm ist, dass mein Mann das Ergebnis nicht akzeptiert, d.h. seine Wahrnehmung ist anders. Er sagt, der Arzt komme nicht draus.
Er ist immer mehr verwirrt, sein Denken ist völlig unreal. Ich kann nicht mehr mit ihm reden, weil es alles nur noch schlimmer macht. Ihn zu überzeugen, habe ich schon lange aufgegeben, er kann es nicht mehr verstehen. Ich kann nur noch zuhören und schlucken, wenn er so Unrealistisches erzählt. Z.B. muss er nun die Ohren spülen beim Hausarzt, weil sie vom Ohrenschmalz zu sind und die Gefahr besteht, dass er bei den Bestrahlungen einen Tinnitus kriegt. Für ihn ist es nun klar, dass er wegen den verstopften Ohren dieses Durcheinander im Kopf hat.

Marsupilami

Liebe hope58,

ein Versuch von mir, etwas in Worte zu fassen, was kaum in Wort zu fassen ist:

Ich erinnere mich an ein Gefühl in meinem Kopf eingesperrt zu sein. Getrennt von meiner Umgebung durch eine Schicht aus wattigem Nichts.
Ich sitze dort zwischen Nichtverstehen und einem Begreifen,Dass ich es nicht verstehe. Aber die Trennung bleibt. Und das Nichterstehen bleibt.

Ich greife nach "Logik" nach "Ordnung" . Versuche eine Sicherheit zu finden, einen stabilen Boden während alles wankt, was ich mal verstanden zu haben mich erinnere.
Ich kann es nur nicht ...

Bei mir ist das wieder weggegangen, deshalb kann ich einen Teil wenigstens versuchen mal in Worte zu fassen. Wenn ich Deine Worte lese, dann denke ich: egal, wenn er meint es ist das Ohrneschmalz, dann hilft es ihm, jetzt gerade. Nimm es ihm nicht weg...Er ist woanders als Du und Du kannst ihm Verbindung sein in diese Welt. dazu musst Du ihm dorthin nicht folgen. Er sucht nach Trittsicherheit in seiner Welt, nicht in Deiner.

Hoffentlich trete ich hiermit niemandem zu nahe, wie gesagt: dafür gibt es irgendwie keine Worte
Und in der leisen Hoffnung, dass Dirdas Schlucken vielleicht einwenig leichter fällt..






Gruß vom Marsupilami
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"Don´t feed the troll"

„Trollen ist ein Spiel um das Verschleiern der Identität, das aber ohne das Einverständnis der meisten Mitspieler gespielt wird.“
– Judith Donath: Identity and Deception in the virtual Community
(Wikipedia)

hope58

Vielen Dank, Marsupilami, für den Versuch, diesen Zustand zu erklären. Das hilft mir auf jeden Fall, mich etwas in ihn hineinzuversetzen. Ich habe ihm auch nie was ausgeredet. Da habe ich gleich am Anfang gemerkt, dass er dann aggressiv wird. So höre ich einfach nur zu.

Angela

Liebe hope58,
eine ähnliche Situation hatten wir zu Beginn der Krankheit/Behandlung auch. Es ist und war für uns beide nicht leicht, die Krankheit und die Prognose zu akzeptieren. Wir hoffen trotz allem immer noch auf eine Besserung, ein Langzeitüberleben.

Bleib stark und geduldig und versuche deinen Mann zu verstehen, auch wenn es nicht immer leicht fällt. Ich kenne das. Ich habe meinem Mann in seiner Wahrnehmung bestätigt, aber ihn zur Sicherheit doch zu den Bestrahlungen geraten, er hat das schließlich akzeptiert.
Auf die Aggressionen und die veränderte Wahrnehmung bin ich nicht eingegangen. Ich habe versucht, ihn zu beruhigen und abzulenken, ihm das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Ich habe ihm erklärt, dass wir das gemeinsam durchstehen werden, dass ich auf ihn aufpassen, ihn versorgen und für eine gute Behandlung sorgen werde. Zu den Behandlungen habe und werde ich ihn weiterhin begleiten, denn manches versteht er nicht so gut und das Kurzzeitgedächtnis funktioniert nicht richtig.

Das Problem mit den Ohren hatten wir auch, ich hab ihn in dem Glauben gelassen, dass durch die Reinigung eine Besserung eintreten würde.
Bisher sind wir gut damit gefahren. Hoffentlich schaffst du es, dass dein Mann die Bestrahlungen über sich ergehen läßt. Ich wünsche euch alles erdenklich Gute.
LG Angela

hope58

Liebe Angela
Vielen Dank für deine Ratschläge. Ich habe das gleich heute Abend angewendet und ihm das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit übermittelt. Er hat es sehr gut aufgenommen und sich sofort beruhigt.
Ich bin so dankbar für diese Forum. Denn Ärzte können uns solche Tipps nicht geben und sind oft selbst überfordert im Umgang mit den Betroffenen.

hope58

Mein Mann kommt nur noch mit Mühe ins Badezimmer für den Toilettengang. Da er Entwässerungstabletten nehmen muss, muss er natürlich oft gehen.
Eine Urinflasche lehnt er ab, ich musste sie sogar unter dem Bett verstecken, weil nur der Anblick ihn aggressiv macht.
Ich habe nun einen WC-Stuhl erwähnt. Seine Antwort: Ich weiss ja nicht, wann ich auf die Toilette gehen muss. Ich meinte darauf: Das spielt ja keine Rolle, du musst dann nur weniger weit gehen, weil der WC-Stuhl ja gleich neben deinem Bett steht. Da wurde er gleich wieder aggressiv.
Sollte ich ihn gar nicht fragen und einfach einen WC-Stuhl hinstellen? Er kann ich ja dann benutzen oder nicht. Oder muss ich abwarten, bis er mehrfach einnässt (kam schon mal vor) und er es vielleicht von selbst einsieht. Oder warten, bis er gar nicht mehr aufstehen kann? Es ist so schwierig. Ich möchte eigentlich ja nur, dass wir es friedlich haben und ihn nicht aggressiv machen.

hope58

Hallo zusammen,
Ich möchte euch allen nochmals danken. Zur Vollständigkeit: Mein Mann ist am 4. August verstorben und dank euren guten Ratschlägen war er die letzte Zeit sehr friedlich und ist dann auch ganz ruhig in meinen Armen eingeschlafen. Die Bestrahlung konnte er nicht mehr fertig machen, weil er gar nicht mehr die Treppe runterkam. Sie hat ihn mehr belastet als dass sie ihm geholfen hat. Nachdem er nicht mehr aufstehen musste, war er so erleichtert. Die letzten 2 Tage bekam er noch einen Dauer-Schluckauf. Dank diesem Forum wusste ich, dass es nun nicht mehr lange geht und ich konnte mich auf seinen Tod vorbereiten. Obwohl es für ihn eine Erlösung und auch ich am Ende meiner Kräfte war, vermisse ich ihn tagtäglich. Ich weiss aber, dass es vielen hier so geht und mein Mann hat immerhin ein langes Leben gehabt. Ich wünsche Euch allen viel Kraft.
Hope58

LinaK

Liebe Hope, mein herzliches Beileid! Lina

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