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Thema: Wie kann man helfen?

Wie kann man helfen?
DieUnsichere
08.01.2013 20:00:02
Hallo zusammen!
Ist erschreckend und manchmal Hoffnungsweckend was man hier lesen kann.
Mein sehr guter Freund ,42 Jahre, (kennen uns nun schon seit fast 24 Jahren!) hat sich im Laufe des letzten Jahres psychisch sehr verändert. Erst dachten wir an Burn out - er ging zur Psychotherapie, bekam Stimmungsaufheller und es wurde etwas besser.

Zur Jahresmitte hin sprach ich mit ihm, wie es ihm denn nun so ginge. Er meinte, das es besser wäre und er mit der Psychologin sprechen würde, dass er keine Tabletten mehr nehmen möchte. Gesagt-getan. Ein paar Tage später, nach dem er die Tabletten abgesetzt hat ging es ihm körperlich sehr schlecht. Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Er ging zur Notfallambulanz und wurde stationär aufgenommen - Verdacht auf MagenDarm Erkrankung?

Nach 3 Tagen kam er wieder nach Hause. Sein Zustand war nicht besser sondern verschlechterte sich - Er stieß beim laufen an die Wand/Türkante/Laterne usw. Kopfschmerzen blieben. Erneuter Besuch, diesmal beim Hausarzt. Der wies ihn für ein CT in die Klinik ein. CT ergab einen Befund - abends wurde er noch in eine andere Klinik verlegt, dort MRT.

Diagnose : Glioblastom multiforme IV.
OP 2 Tage später. Sept.2012 1 Woche vor seinem 42 Geburtstag!
Er hat die OP gut überstanden. Es konnte fast alles entfernt werden.
Anschließend Chemo und Strahlendtherapie mittels einer Studie.
Während dieser Therapie hat er soweit alles gut vertragen, Blutergebnisse immer erfreulich positiv.

Letzte Woche hatte er erneut einen MRT Termin - heute das Ergebnis. Es hat sich an der gleichen Stelle erneut was gebildet - OP nächste Woche.

Nun meine Gedanken:
Es hat mir persönlich schon viel Kraft gekostet das alles zu verstehen und kann nur im entferntesten vermuten wie er sich fühlt ! In den letzten Monaten haben wir viel über die Erkrankung gesprochen mal mit weinenden- mal mit lachenden Augen.

Er wurde auch leicht positiver (soweit man das so betilteln kann/darf )
Nun der absulute Tiefpunkt bei ihm. Bei mir und auch seiner Familie/Freunde die Frage: was nun? was kann man für Worte finden? Hoffnung und das klammern am Strohhalm - die Sätze die einem in den Sinn kommen? Die vermag er schon gar nicht mehr hören.

Ich weiß, dass eigentlich niemand die treffenden Worte finden kann. Da er alleinstehend ist, ist die persepktive für ihn auch ziemlich duster - zb Leben für was / wen?

Die große Frage bleibt natürlich immer im Raum - WARUM ? Er raucht nicht, trinkt mal mäßig nen Bierchen und zudem ist er Sportler.
Und : Wie lange wird es noch gut gehen? Wie lange darf er LEBEN?

Danke fürs Lesen. Ich bin weiterhin unsicher. Was kann man noch tun außer da zu sein? Gibt es überhaupt etwas was man tun kann ohne den Gedanken zu haben das es eh nicht genug war / ist? Wie vermag es weitergehen?

LG Die Unsichere
DieUnsichere
gramyo
08.01.2013 21:16:05
Hallo, liebe Unsichere,
zuerst einmal will ich dir Hoffnung machen, dass es immer ein gutes Leben nach einer Operation und auch bei einem Rezidiv geben kann.Es ist wirklich schon einfach gut, dass du und andere für ihn da sind.Mein Lebensgefährte und ich haben am Montag auch beim neuerlichen MRT keine guten Nachrichten bekommen, medizinisch gesehen. Ich habe ihn aus dem Krankenhaus geholt. Er ist jetzt zu Hause, hatte auch nie eigene Kinder, sondern nur ich, liebt aber mit mir jetzt sein verkürztes Leben.Aber ich will dir nicht nur von mir erzählen. Es gibt sehr viele, durchaus positive Lebenserwartungen. Er hat ja schon gut gelebt, sollte einfach noch vielleicht,Weihrauchkapseln, Selen, Enzyme, grünen Tee auf jeden Fall auch die tradionelle Schulmedizin, Bestrahlung und Chemo machen. Ich hoffe, dass Alma dir schreibt. Sie bringt die Sachen immer sehr klar und gut auf den Punkt. Liebe Grüße und das Leben ist durchaus mit einem Glioblastom lebenswert. gramyo
gramyo
DieUnsichere
08.01.2013 21:29:11
Hallo gramyo!
Danke für deinen Zuspruch, obwohl du und dein Partner ebenso welchen gebrauchen könnt!
Ich kann mir vorstellen das bei euch auch viel gesprochen, geweint und gelacht wurde.
Das mit dem Weihrauch und soweiter werde ich ihm mitteilen, aber erst nächste Woche nach der OP. Jetzt mag er nichts von alternativen hören, lesen etc.
Ich wünsche euch beiden alles erdenklich gute und freue mich darüber das es auch so starke Menschen wie dich gibt die mit allem in ihrer Macht stehenden Kräften für den Partner da ist.

LG Die Unsichere
DieUnsichere
gramyo
08.01.2013 21:34:06
hallo liebe , ich würde dich lieber Sichere nennen,
danke für deine Rückantwort. Es findet eh jeder zu seiner Zeit die richtigen Bücher und Medikamente und richtigen Lebenseinstellungen. Liebe Grüße gramyo
gramyo
alma
08.01.2013 22:50:30
September ist ja noch nicht lange her. 4 Monate sind zu kurz, um den Schrecken zu verarbeiten. Und wenn dann gleich der nächste Schlag kommt, verliert man natürlich vollends die Zuversicht. Er braucht Zeit, um sich zu erholen und einen Weg zu finden, so kurz der auch sein mag. Und die Zeit bekommt er vielleicht. Im Zustand des Verschrecktseins sieht auch die Zukunft fürchterlich aus. Das kann sich aber ändern. Auch wenn dein Freund es sich gerade nicht vorstellen kann.
Warum-Fragen sind Verzweiflungsfragen. Sie bringen keine Antwort. Und man muss auch nicht wissen, warum man die Krankheit bekommen hat. Das würde nur Sinn machen, wenn es darüber wissenschaftliche Klarheit gäbe oder man eine schädliche Einwirkung vermeiden könnte. Solche Katastrophen geschehen eben. Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun.

Alma.
alma
Marielle
13.01.2013 20:16:00
Als selber Betroffene kann ich nur von meiner Warte aus sagen, dass es für mich wichtig ist, noch als Persönlichkeit gesehen und nicht nur auf meine Krankheit reduziert zu werden. Natürlich ist es für den anderen oft schwierig zu merken, ob man über die Krankheit und sein Befinden reden will oder nicht. Manchmal hat man nah am Wasser gebaut, das andere Mal reißt man makabere Witze.
Meine Familie hat auch nach Bekanntwerden der Krankheit nach Therapiemöglichkeiten und Unterstützungsmaßnahmen geforscht, was für mich hilfreich war, aber trotzdem wollte ich immer nicht zu irgendetwas gedrängt werden sondern mich frei für oder gegen etwas entscheiden. Das war für mich ganz wichtig.

Das Schönste aber ist doch, dass du für deinen Freund da bist und er das spürt. Kleine Gesten breiten einem immer eine große Freude. Eine Freundin hat mir im November Blumenzwiebeln geschenkt, die für mich im Frühjahr blühen sollen. Ein Ansporn also für mich weiterzukämpfen.

Ich denke, du machst schon intuitiv das Richtige.

Marielle

Marielle
Siwi
14.01.2013 15:09:16
Liebe Unsichere, wichtig ist - so denke ich, einfach da zu sein. Man muss nicht immer trösten oder aufmuntern. Das kann den Betroffenen eben auch eher nerven als ihm helfen. Ich habe vor 8 Jahren meine Mutter begleiten müssen - Glioblastom. Da sie allein war, war ich ihr Bezugspunkt. Ich habe versucht, immer alles richtig zu machen und immer 'stark' zu sein. Ich habe geforscht, gelesen mit Ärzten telefoniert. Heute weiß ich das ich ihr damit totalen Stress gemacht habe. Viele ihrer Freunde haben nicht mehr mit ihr gesprochen sondern nur mit mir. Aus lauter Unsicherheit und Angst das sei was falsches sagen oder tun. Das kann man aber nicht, wenn man ein Freund ist, Nur weil der andere krank ist, ist er kein anderer Mensch - er ist nicht das Glio sondern immer noch Dein Freund.
Hör ihm zu, sei da, bring ihm zum lachen - das ist mir damals aufgefallen. Viele Bekannt trauen sich gar nicht mehr von sich zu erzählen oder zu lachen. Ich denke das trägt auch noch dazu bei, sich noch kranker zu fühlen und noch mehr zu merken, das was gerade total schief läuft...Wo doch LAchen und Weinen so nah beiander liegen.

Alles Liebe und hab keine Angst. Du kannst nichts falsch machen ... Simone
Siwi
klr1202
18.01.2013 17:07:48
Liebe Unsichere,
die Schwester meiner Frau hat ebenfalls ein Glioblastom u. liegt im Hospiz, wo es ihr den Umständen entspr. gut geht. Wir versuchen für sie da zu sein, so oft es geht. Sie freut sich, wenn wir da sind. Dabei wird bei unseren Besuchen oft gelacht. Wir nehmen sie so, wie sie gerade ist. Bei Sterbenden muss man wissen, dass sie sich in zwei Welten bewegen, der realen und in einer Welt des Sterbens/ Abschiednehmens. Wenn sie vom Aufräumen ihres Zimmers redet, will Sie von der realen Welt im Reinen Abschied nehmen. Wenn sie Ostern wieder mit Messer u. Gabel essen will, sind das Hoffnungen, die Sie noch an die reale Welt bindet. Manchmal redet sie von u. mit Personen, die gar nicht da waren o. sind, mit denen möchte sie gern noch einmal sprechen usw.
Oft wechseln diese Phasen von Satz zu Satz. Durch viele Schmerzmittel verschmelzen Wach- u. Traumzustände fliesend. Man lernt damit umzugehen. Egal wie verwirrend das manches klingt. Einfach zuhören, nicht alles muss beantwortet werden..
klr1202
Orchidee7
05.03.2013 18:30:56
Hallo,

meine Schwester hat seit einer Woche diese Diagnose. Und für mich fühlt es sich an, als ob mir die Erde unter den Füßen weg gezogen wurde. Gerade war noch alles in Ordnung und jetzt ist alles anders. Ich will immer da sein für sie und weiß aber gleichzeitig nicht was ich machen soll. Ich kann nicht arbeiten gehen da ich immer wieder weinen muss und nachts wache ich immer wieder auf und glaube, dass alles geträumt zu haben. Und dann dreht sich wieder alles. Es ist wie ein nicht endener Alptraum.
Könnt ihr mir helfen?
Orchidee7
Dr. Orchidee
06.03.2013 09:01:53
Bin selbst Betroffene mit malignem Hirntumor - und ich LEBE jeden Tag - weshalb ich meine liebe family gebeten habe ihr Selbstmitleid auf ein Minimum zu begrenzen und mit mir zu leben.
Versteh mich nicht falsch - aber heulende Angehörige ist so ungefähr das letzte was man sich wünscht. Das Leben ist auch bei begrenzter Prognose lebenswert, auch mit Defiziten.
Dr. Orchidee
Tausendfüßler
06.03.2013 13:50:43
Ich stimme Dr Orchidee voll zu auch wenn das hart klingt ,aber diese ständige Sorgerei kann mich als Betroffenen echt erzürnen,
verständlich, die Angst vor dem etwaigen Verlust eines geliebten Menschen,
vor allem die Hilflosigkeit ,Angst dass der Betroffne leidet
aber
es ist schwer genug für Betroffene mit der Diagnose klar zu kommen
da fehlt echt die Kraft auch noch die Angehörigen zu trösten,ok. ??
das ist nicht komprpmittierend gemeint
LG
Tausendfüßler
Tausendfüßler
gramyo
06.03.2013 22:27:23
Hallo Orchidee7,

Ebenfalls als Angehörige mit Lebensgefährten, der 2 inoperable Glioblastome hat, kann ich Dr. Orchidee und Taußendfüssler nur zustimmen.

Du hilfst in diesem Seelenzustand, deiner Schwester kein bisschen. Klingt hart, ist auch hart, aber jeder muss mit dieser Diagnose ab einem Zeitpunkt POSITIV umgehen und als ANGEHÖRIGER muss das schnell gehen.

Der BETROFFENE braucht Ruhe, Kraft, und das Gefühl, dass das Leben lebenswert ist.WAS ES AUCH IST!!

Wir führen ein wirklich intensives, manchmal durchaus schwieriges Leben, aber eben auch mit herrlich glücklichen Zeiten.

Z. B. heute, obwohl im Krankenhaus mit Thrombose und leichter Embolie,hatten wir ein absolutes Glücksgefühl, weil der eine Tumor laut MRT etwas kleiner geworden ist und das Ödem fast weg.

EIN GRUND, DAS LEBEN ZU FEIERN !!

Liebe Grüße und ganz viel Ruhe und Kraft wünscht dir
Gramyo und Mann
gramyo
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