Thema: Wie lange kann man das aushalten?

Hallo Zusammen,

mein Papa liegt im Sterben und kann einfach nicht loslassen. Er hat jetzt seit Donnerstag nichts mehr gegessen und getrunken. Auch mit guten Zureden wehrt er alles ab. Er schläft viel und wird immer wieder wach und stöhnt die ganze Zeit. Manchmal äußert er Schmerzen, manchmal nicht. Ihn so sehr leiden zu sehen, bricht mir das Herz. Wir haben eine gute Palliativpflege an unserer Seite und versuchen ihm alles so leicht wie irgendmöglich zu machen aber er ist noch nicht bereit zu gehen.

Ich bin so wahnsinnig traurig und will ihn ja auch nicht verlieren aber ich kann ja nichts mehr tun. Ich bin auch nicht sicher was er überhaupt noch mitbekommt. Heute lag ich eine Stunde neben ihm im Pflegebett und hab mich an ihn gekuschelt und seine Hand gehalten. Selbst da war er sehr unruhig und hat oft gestöhnt. Er kann sich nicht mehr äußern aber ich merke wie er ankämpft.

Die Palliativschwester hat mir heute gesagt, ich soll ihm sagen dass er gehen darf...Und ich kann es nicht...Es kommt mir einfach nicht über die Lippen...

Morgen ist mein Geburtstag...

Kann mir irgendjemand irgendetwas nettes sagen?

Hallo Stefka,
mein Schwiegervater starb Anfang 2015. Auch er konnte nicht loslassen. Erst als mein Mann ihm versicherte, dass alles in Ordnung ist und er nun gehen darf, ließ er los. Er hat noch sylvester 'erlebt'. Bei ihm wusste man auch nicht, was er noch mitbekommt. Mein Mann und meine Schwiegermutter saßen bei ihm und hatten den Fernseher an, Sylvester Party lief. Sie wollten ihm zeigen, dass alles gut ist. Bei Boney M. nickte er sachte mit dem Kopf. Er ist dann, nach diesem Zuspruch, gehen zu dürfen, sanft eingeschlafen.
Sterbende hören bis zuletzt wurde uns gesagt und es hat sich bestätigt.

Du kannst ganz viel für ihn tun. Sei bei ihm, zeig ihm dass er gehen darf. Lass ihn an deinem Geburtstag teilhaben. Er ist dein Vater und liebt dich. Es würde mich nicht wundern, wenn er das unbedingt noch schaffen will.
Und ganz bestimmt will er, dass du dein Leben lebst. Das würde ich meinem Kind von ganzem Herzen wünschen.
Für morgen wünsche ich dir, dass dein Tag so schön wird, wie es nur geht.
Und wenn dein Papa dich tatsächlich hören kann, dann möchte er dich lachen hören.
Meine Tochter und ich haben Raketen mit guten Wünschen und Grüßen in den Himmel geschossen, damit der Opa dort, wenn er geht, diese empfängt.
LG Kritzel

liebe stefka
es tut mir sehr leid was du gerade erlebt.ich war in einer ähnlichen situation vor 4 Jahren mit meinem Vater.es ist furchtbar loszulassen,aber ich denke,die zeit für deinen Vater ist gekommen.
ich schreibe dir einfach wie es bei mir war. mein Vater hat auch nichts mehr zu sich genommen ,aber er wollte nicht gehen. er hat gewartet bis auch meine Schwester da war um abschied zu nehmen. und selbst dann hat er sich noch gewehrt,weil er meine Mutter nicht allein zurück lassen wollte. ich konnte ihn nicht mehr so leiden sehen und bat meine Mutter,ihn gehen zu lassen. sie hat ihm gesagt,dass er gehen kann und sie sich wieder sehen werden und sie isich immer lieben werden. Ein paar stunden später starb mein Vater.
ich hatte zu der Zeit immer den Spruch im kopf:
die kraft ihn zu begleiten und die Liebe ihn gehen zu lassen.
Mir hat das geholfen.
Ich wünsche dir von herzen alle kraft der Welt.
ich hoffe,ich habe mich richtig ausdrücken können und bin hier niemandem zu nahe getreten.

Danke für Eure lieben Zeilen. Es ist unendlich schwer das zu lesen und doch fühl ich mich ein bisschen weniger alleine grad...

Mein Kopf sagt mir ja auch, dass ich ihn gehen lassen soll....aber mein Herz kann eben irgendwie nicht...

Und jetzt sitz ich hier und heule und fühle mich mies weil ich so egoistisch bin

du bist nicht egoistisch,du liebst deinen Papa und willst nicht ohne ihn sein.
ich weiss es nicht,aber denke,dein Papa wartet auf deinen Geburtstag. er will dir bestimmt noch gratulieren und wenn es nur mit den Augen ist,falls er nicht mehr sprechen kann.
schau,dass du bei ihm bist. es gibt keine Patentlösung,du wirst es fühlen und das richtige tun.
fühl dich umarmt.

Du musst dich nicht egoistisch fühlen. Mein Schwiegervater starb mit 92 nach langem Leid zwar, aber in einem Alter, in dem es "normal" ist zu sterben.
Trotzdem weint mein Mann bis heute noch oft und vermisst ihn schrecklich.
Das ist kein Egoismus sondern Liebe.

Lieber Stefka

Zunächst möchte ich dir sagen, wie unglaublich Leid mir tut, dass du momentan diese Situation durchleben musst. Ich glaube auch, es ist ziemlich schwer, jemanden beim Sterben zuzusehen. Aber es ist schön, dass ihr euch vom Palliativteam unterstützen lasst!

Ich kenne deine Situation leider schmerzlich nur zu gut selbst.
Ich hatte vor wenigen Tagen Geburtstag und habe inständig gehofft, dass mein Papa nicht an diesem Tag stirbt - ich finde das im Übrigen auch nicht egoistisch.
Der Anruf aus dem Hospiz kam dann schlussendlich diesen Samstag am frühen Morgen.

Niemand kann dich darauf vorbereiten, was kommen wird. Aber es wird kommen.
Allerdings: Auch wenn er nicht mehr isst und trinkt, es kann immer noch Tage dauern. Ich hoffe, dein Papa hat guten Zugang zu Schmerzmitteln. Mein Papa hatte, bis er starb, fast zwei Wochen nichts mehr gegessen und auch kaum mehr getrunken.

Ich möchte dir gerne mit auf den Weg geben: Die Gewissheit, dass ihr mit Sicherheit alles richtig gemacht habt, die Kraft, die Zeit danach durchzustehen; aber und ganz vorallem auch die Hoffnung, dass das Leben weiter geht, dass das Leben schön ist und dass die Toten nie ganz weg sind solange man sich an sie erinnert.

Mir hat sehr geholfen, dass ich mich mit dem Tod auseinandergesetzt habe, dass ich akzeptiert habe, er gehört unweigerlich zum Leben und ihn nun als Teil - und nicht als verschweigbares Etwas - begreife.

Im Nachhinein: Wir hatten jetzt bald drei Jahre mit der Diagnose Glioblastom gelebt. Hatten Höhen und Tiefen und immer dieses Hoffen. Aber am Ende war sein Ende eine Erlösung ganz besonders für meinen Papa, aber auch für uns.
Ich sehe seinen Tod mit einem weinenden und einem sehr sehr frohen Auge.

Ich wünsche dir, dass du auch an diesen Punkt kommst und somit die schwere Zeit gut durchlebst.

Viele liebe Grüße

Was mir sehr geholfen hat

Liebe Stefka

ich möchte mich gerne den Worten von smartie92 anschließen.
Es ist unheimlich schwer. Die ganze Situation. Die Sorgen, die Angst vor dem Unvermeidlichem.
Es ist gut, daß ihr Unterstützung habt durch das Palli-Team.

So schwer es ist, versuch(t), loszulassen.
Der Kopf sagt ja und das Herz will nicht. Es ist aber wirklich so, daß das sprechen nicht mehr geht, auch der Hunger und Durst nachläßt oder ganz aufhört. Ihr macht nichts falsch und alles richtig.

Wir haben vor 6 Wochen die Schwiegermutter verloren nach 7 Tagen ohne Nahrung und Trinken. Sie hatte noch Fieber bekommen und ist wohl ohne Schmerzen eingeschlafen. Auch sie hatte nicht mehr sprechen können.
Und vor 2 Wochen verstarb mein Vater nach langem Leiden. Er konnte sich auch nicht mehr äußern.Hörte aber auch noch sehr gut.
2 Stunden vorher war ich noch bei ihm ohne zu ahnen, daß es das letzte Mal war. Es tut so wahnsinnig weh, den geliebten Papa so sehen zu müssen. Er konnte aber im Beisein meiner Mutter gehen.

Sei einfach bei ihm, halte die Hand, sprich mit ihm und versuche wirklich loszulassen. Er bekommt wahrscheinlich viel mit und wenn er weiß, daß er gehen kann, ist es für ihn leichter, sich zu verabschieden.

Versuche deinen Geburtstag zu feiern, dein Paps würde es sich für dich wünschen.
Und jetzt drück ich dich mal gaanz feste !

Gruß smarty und
Kopf hoch


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Diagnose Glioblastom 7/14 links frontal - seit 11/14 durchgehend Chemo mit Temodal und seit 1/15 Methadon. MRT's sind bis jetzt stabil !

Trotz der schweren Zeit möchte ich dir gratulieren.
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM GEBURTSTAG ohne Ausrufezeichen, ganz leise, in der Hoffnung dass dir ein Herzenswunsch erfüllt wird.