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bbn1171

Habe eine Frage bezüglich der Anwendung von Dexa/Kortison. Meine Schwägerin soll laut ihrem NO das Kortison schrittweise absetzen. Das hatte sie auch aber dann verschlechterte sich ihr Zustand. Nun möchte sie es unbedingt weiternehmen 4mg täglich. Wie lange kann man denn Kortison geben? Erstdiagnose war 02/24.ihr geht es besser mit Kortison

HM78

würde es mit weihrauch versuchen und dann dexa ausschleichen

Dani1988

Die Nebennierenrinde stellt die Produktion von körpereigenem Cortisol relativ schnell ein wenn regelmäßig Dexamethason eingenommen wird.
Niemals die Dosis komplett absetzen ohne es durch Hydrocortison zu ersetzen.
Die gängige Dosis sind ca. 30 mg Hydrocortison am Tag, das ist das was der Körper auch täglich selbst produziert.

Dani1988

Es kann im Zweifelsfall zum Addison führen und lebensbedrohlich sein, falls die Nebennierenrinde gar kein Cortisol mehr herstellen kann.
Ich würde das ärztlich abklären lassen.

Mego13

Liebe bbn1171,

in welchen Schritten wurde das Dexa ausgeschlichen? Wenn man Dexa langfristig genommen hat, muss man extrem langsam runtergehen. Dafür sind Endokrinologen die absoluten Spezialisten. Nach 10 - 14 Tagen Dexaeinnahme ist die Produktion des körpereigenen Cortisols durch die Nebennieren bereits massiv gestört. Ob die Nebennieren ihre Funktion überhaupt noch einmal aufnehmen, muss über extrem langsames Ausschleichen und dann einen CRH-Test geprüft werden. Das ist der Goldstandard bei uns Hirntumorbetroffenen. Der ACTH-Test ist die absolut schlechtere Wahl. Denn die Problematik kann bei uns durch die Hypophse kommen, die den Botenstoff (ACTH) für die Arbeit der Nebennieren aussendet.
Der Ausschleichweg - wenn die Dexamethason-Dosis 4 mg und kleiner beträgt - sieht normalerweise so aus, dass alle zwei Wochen in Minischritten von 0,25 bis später sogar 0,125 mg (1/4 der ü,5 mg Tablette) ausgeschlichen wird. Ist ungefähr 1 mg Dexamethason erreicht, wird auf 35 - 50 mg Hydrocortison umgestellt, welches dem körpereigenen Cortisol am ähnlichsten ist. Wenn die Umstellung gelingt, bleibt man erstmal dabei und überlegt im Verlauf, wie das Hydrocortison reduziert oder sogar ausgeschlichen werden kann.

Als Hintergrundwissen ist zentral zu beachten:
Es gibt verschiedene Arten von Cortison, mit unterschiedlichen Wirkaspekten und was besonders bemerkenswert ist, mit sehr unterschiedlichen Halbwertszeiten:
Dexamethason hat eine Halbwertszeit von mindestens 36 Stunden. Das heißt, es dosiert sich mit jeder Einnahme auf.
Hydrocortison (ähnlich dem körpereigenen Cortisol) hat eine eine Halbwertszeit von 6 bis 8 Stunden.
1 mg Dexamethason entspricht etwa 30 mg Hydrocortison. Das ist ungefähr die Dosis, die die Nebennieren eines gesunden Menschen am Tag produzieren.
Cortison ist überlebenswichtig. Wir sterben sehr schnell, wenn wir es nicht bekommen oder produzieren. Da ähnelt es sozusagen dem Insulin.

Das Ausschleichen von Dexamethason braucht wahnsinnig viel Fingerspitzengefühl, sehr viel Geduld und Zeit. Jedes Tablettenbröckchen, welches weniger benötigt wird, ist ein echter Erfolg.

Cortison hat u.a.Einfluss auf unseren Elektrolythaushalt, besonders die zelluläre Verteilung von Natrium & Kalium. Deswegen müssen beim Ausschleichen auch immer die Natriumwerte im Blut überprüft werden. Denn bei zu schnellem Entzug kann es zu sehr gefährlichem Natriummangel (Hyponatriämie) kommen, der sich nur über Infusionen im Krankenhaus beheben lässt.

Wenn die Problematik rein in den Nebennieren begründet liegt, hilft Weihrauch Null. Dieser hilft eventuell gegen das Ödem. Aber gar nicht bei einer (erworbenen) Nebenniereninssuffizienz.

Zu meiner eigenen Geschichte:
Ich habe während meiner Bestrahlung (Oktober /November 2019) gut sechs Wochen Dexamethason (4 mg) bekommen. Ich wurde danach sehr schnell auf 30 mg Hydrocortison umgestellt. In meine erste Chemo (ab Anfang Januar 2020) startete ich mit nur noch 17,5 mg Hydrocortison täglich. Dann drängte mich der Onkologe zu einem Schritt, der aus endokrinologischer Sicht absolut fahrlässig war: In dem Chemopausen ließ er mich weiter entziehen und machte bedenklich wenig Blutbilder. Anders als ihm die behandelnde Neurochirurgin aufgetragen hatte. Am Ende des 4. Chemoblocks rauschte ich aufgrund einer Morbus Addison Krise fast ins Koma.
Es dauerte Monate und kostete viel Eigeninitiative bis feststand, dass ich eine erworbene Hypophyseninsuffizienz in Form einer Nebenniereninsuffizienz habe. Das heißt, ich muss jetzt (wahrscheinlich für immer) Hydrocortison substituieren. Etwa die Dosis, die "normalgesunde" Menschen produzieren.

Deine Schwägerin benötigt einen Notfallausweis, dass sie cortisonpflichtig ist. Bei Erbrechen oder Durchfallerkrankungen benötigt sie das Cortison über den Tropf.

Sollte sie in sehr langsamen Schritten entziehen, können Nebenwirkungen normal sein:
Eine gewisse Traurigkeit. Cortison wirkt psychotrop. Das heißt, bei manchen Menschen wirkt es stimmungsaufhellend.
Man kann eine gewisse Muskelschwäche bekommen. Das muss aber alles im Rahmen bleiben. Bei meiner gefährlichen Nebennierenkrise konnte ich die Beine nicht mehr bewegen,habe nur noch gezittert.
Eine etwas stärkere Müdigkeit darf sich einstellen. Nur noch schlafen zu wollen oder absolute Schwäche, sind starke Warnzeichen!

Bucht schnellstens einen Termin in der Endokrinologie.

LG
Mego

Sonny F

neu

Liebe Mego,
du hast Erfahrung mit Kortison, daher möchte ich dich etwas fragen. Ich habe die Sorge, dass bei meinem Vater das Kortison zu schnell abgesetzt wird. Er bekam Fortecortin 4 mg 1-0-0, jetzt eine Woche 1/2 Dosis, dann eine Woche 1/3 und dann nichts mehr (eventuell dann nach Bedarf wieder 4mg). Der Arzt meinte, das würde das Avastin alle 3 Wochen ersetzten. Mir kommt aber vor, dass er schwächer und apathischer Ende der ersten Woche geworden ist. Ich wäre dir sehr dankbar über eine Antwort. Liebe Grüße, Sonny

Dani1988

neu

Das ist viel zu schnell, Cortison muss viel langsamer ausgeschlichen werden.
Und vor allem mit Hydrocortison ersetzt werden, wenn gar kein Dexa mehr gegeben wird.

Mego13

neu

Liebe SonnyF,

Das ist viel zu schnell. Oben habe ich ja bereits beschrieben, wie vorsichtig man es gestalten muss. Hast Du oder bekommst Du auch 0,5 mg Tabletten verschrieben? Ich würde definitiv versuchen mit diesen zu arbeiten.
Dazu dringend den Besuch in der Endokrinologie anstreben. Selbst der Entzug alle 2 Wochen iwäre schon sehr ambitioniert. Je kleiner die Basisdosis, desto geringer muss auch die Entzugsdosis sein und desto länger auch die Zeit bis zum nächsten Entzugsschritt.
Ab 1 mg Dexa, die ohne starke Schwäche oder Leistungseinbruch für 2 bis 4 Wochen gegeben werden können, kann man auf Hydrocortison umstellen lassen. Die Basisdosis lässt man sowieso erstmal ein paar Wochen unangetastet und denkt dann über die nächsten Schritte nach. Denn die Umstellung auf Hydrocortison ist ein riesiger Schritt für den Körper. Es hat eine ganz andere Wirkenweise und wiel kürzere Wirkzeit als das Dexamethason. Steigt man üblicherweise mit einer Dosis von 30 bis 50 mg (etwa 1 bis 1,8 mg
Dexa) ein, muss man es auch auf 3 bis 7 Tagesportionen aufteilen. Die höchste Dosis nimmt man zwischen 6 bis 8 Uhr morgens mit etwa 2/3 der Gesamtdosis.
Ich habe bspw mittlerweile die Aufteilung:
15 mg (6 Uhr) - 5 mg (12 Uhr) - 2,5 mg (16 Uhr) - 2,5 mg (18 Uhr)

LG
Mego

Sonny F

neu

Liebe Mego,
Vielen lieben Dank für die Antwort.
Ich verstehe nicht, warum dann der Arzt so etwas einfach anordnet? Hat das damit zu tun, weil er nicht operiert wurde und keine Chemo bekommt, sondern „nur“ alle 3 Wochen Avastin?
Gestern habe ich den Arzt gefragt ob es eh passt, dass ich ihm Weihrauch gebe (ich hab Angst, dass das Ödem wieder größer wird, weil das Kortison so schnell runter gefahren wird und suchte nach Unterstützendem) und er meinte, er kenne sich damit nicht aus und ich soll bedenken, dass das Wechselwirkungen mit Medikamenten geben kann. Er bekommt es aber nicht mit seinen anderen Medikamenten, sondern 3 Stunden später. Man fühlt sich so hilflos.
Danke Euch 🙏
Lg Sonny

TumorP

neu

Hallo SonnyF,
Er kennt sich nicht damit aus, ist ja schon gut dass er es sagt. Noch besser wäre es wenn ER sich bei einem Kollegen, der sich auskennt zu erkundigt. Oberarzt oder so. Mit Abstand die Medikamente zu geben mag sicherlich gut sein.
Viele Grüße

Rosi Stern

neu

Hallo Sunny,
bei meinem Mann sollte Dexametason von 4mg schrittweise ausgeschlichen werden. Bereits bei 3mg zeigte sich eine dramatische Verschlechterung (starke Verwirrtheit, Verstärkung der ohnehin vorhandenen Schwäche...) Unser Hausarzt hat dann entschieden, dass die Vorteile der Kortisongabe wichtiger für die Lebensqualität sind als die negativen Nebenwirkungen. Wir haben dann wieder auf 4mg erhöht. Das war eine gute Entscheidung, die Dauerverwirrtheit verschand. Aber unabhängig davon schreitet die Erkrankung voran. Mein Mann ist bei Allem auf Hilfe angewiesen.
Ganz liebe Grüße
Rosi

Mego13

neu

Liebe Sonny,

Es ist gut, dass der Arzt sagt, dass er an seine Grenzen kommt. Ich bin Ende Mai 2019 wegen falschen Hydrocortisonentzugs im 4. Chemozyklus fast ins Koma gekippt. Zwischen Ende der Bestrahlung (11.11.2019) und Beginn der PC - Chemo (06.01.2020) war ich von 4 mg Dexamethason (wären 120 mg Hydrocortison) auf 17,5 mg Hydrocortison (etwa 0,58 mg Dexa) umgestellt worden. Der ambulante Onkologe "zwang" mich unter der Chemo weiter zu entziehen. Als ich wegen einer Woche fast ins Koma kippte, lag ich bei nur noch 2 mg Hydrocortison täglich (0,07 mg Dexa). Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht mehr essen und fast nichts mehr trinkem. Nicht mehr laufen, zitterte am ganzen Körper und hatte eine gefährliche Hyponatriämie (Natriummangel, der in der Zelle passiert und nur durch computergestützte Infusionen beseitigt werden kann).

Also: Ein normal gesunder Mensch produziert etwa 25 bis 30 mg Hydrocortison (0,8 bis 1 mg Dexa) im Ruhezustand, bei Sport, Stress, Krankheit das 2 bis 3-fache. Ohne Cortisol kann kein Mensch nur einen Tag überleben!!!!

Das Dexa gibt es als 0,5 mg Tabletten. Diese kann man sogar vierteln. Das wären dann 0,125 mg. Klingt wenig. Rechnet man das aber um, sind es schon 3,75 mg Hydrocortison.
Es klingt nach Rechenspielen. Für den Körper ist es Schwerstarbeit. Denn Cortisol reguliert die wichtigsten Körperfunktionen: Gleichgewicht der Elektrolyte: Natrium / Kalium, Blutzuckerspiegel, auch Schilddrüse und Nebennieren (dort wird Cortisol produziert) stehen in engster Verbindung.

Dies nur als kleiner Ausschnitt, um die lebenswichtige Bedeutung des Cortisols zu verdeutlichen.
Ein zu schneller Dexamethasonentzug kann ähnliche Nebenwirkungen verursachen wie der Tumor selbst!

LG
Mego

Sonny F

neu

Liebe Rosi, liebe Mego!
Mein Papa nimmt jetzt wieder eine halbe Fortecortin. Das 1/4 war definitiv zu rasch herabgesetzt und zu wenig. Wir folgen jetzt unserem Bauchgefühl. @Rosi bei meinem Papa ist es auch so, dass er Hilfe braucht aber er ist bei uns und wir kümmern uns um ihn. Ich versteh bei dieser schrecklichen Diagnose Glioblastom sowieso nicht warum man da bei Cortison so herum tut. Was ändert es ob er 3mg oder 4mg nimmt? Er wird uns verlassen und jeden Tag zerreißt es mir mein Herz, wenn ich nur daran denke. Und warum sollen wir ihn mit einem Entzug quälen? Es soll ihm so lange und so gut wie möglich gehen, alles andere interessiert mich nicht mehr. Die meisten Ärzte interessieren unsere Sorgen und Ängste eh nicht. Man kommt sich vor wie eine Verschwörungstheoretikerin wenn man nach Alternativen fragt.
Es werden hier in dem Forum diese HOO Plus Kapseln angepriesen, die angeblich helfen sollen den Tumor zu verkleinern. Ich bin hier so skeptisch, dass man für Kapseln gefüllt mit Speiseöl ein Vermögen verlangt. Ich glaube, die helfen nur jenen, die damit einen Haufen Geld auf Kosten von verzweifelten Menschen verdienen.
Ich habe eingesehen, dass jeder seinen Weg hat. Ich umarme alle Betroffene und Angehörige und wünsche jedem einzelnen ganz viel Kraft, Unterstützung und Liebe auf diesem schweren Weg. Danke für eure Antworten. Alles Gute & liebe Grüße, Sonny

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