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Thema: Wie macht Ihr das mit der Pflege ?

Wie macht Ihr das mit der Pflege ?
NiciJunis
19.01.2018 21:20:23
Hallöchen, bei meinem Vater verschlechtert sich der Zustand, laut MRT sind noch zwei weitere Tumore dazu gekommen und der vorhandene ist trotz Chemotherapie wieder größer geworden. Mein Vater kann die Rechte körperhälfte kaum noch spüren oder kontrollieren, zeitweilig so schlimm das er nur auf einen Toilettenstuhl neben dem Pflegebett kann oder Windeln braucht. Nächste Woche wird besprochen wie es weiter gehen kann , da alle Standardtherapien ausgereizt sind . Meine Mutter versucht ihn trotzdem immer aus dem Bett zu helfen, ins Badezimmer, ihn zu waschen und wieder mit dem Rollstuhl an den Esstisch zu bringen... das raubt ihr körperlich und psychisch alles an Kraft. Nur 3 mal die Woche kommt ein Pflegedienst um meinen Vater zu Duschen. Mehr Hilfe lässt meine Mutter nicht zu. Sie sträubt sich gegen mehr Hilfe vom ambulanten Pflegedienst. Auch möchte sie nicht dass mein Papa in ein Hospiz geht. Leider wohnen wir Kinder hunderte von Kilometern entfernt und können nicht im Alltag helfen. Ich bin regelmäßig an den Wochenenden bei meinen Eltern. Aber das ist ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch hat meine Mutter kaum Freunde oder andere Familie vor Ort und steht somit ganz allein da. Mich macht es wütend dass sie keine weitere professionelle Hilfe zulässt. Ich kann aber auch verstehen dass sie meinen Vater am liebsten bis zum Schluss zu Hause haben möchte. Wie macht ihr das? Ist jemand von euch in einer ähnlichen Situation?
NiciJunis
Babsi
20.01.2018 10:48:04
Hallo Nici,
es tut immer wieder weh, wenn ich lese, dass sich der Zustand eines Patienten verschlechtert hat. Aber wir alle wissen, dass diese Krankheit leider nicht heilbar ist.
Es ist schon mal gut, dass deine Mama 3x in der Woche einen Pflegedienst kommen lässt. Ich wünsche Euch alle Kraft, die ihr in der kommenden Zeit noch benötigen werdet.
Bei uns ist es ähnlich. Mein Mann muss seit Sommer auch gewickelt werden, der Toilettenstuhl steht ebenfalls neben dem Pflegebett. Ich bin froh, meinen Mann vom Bett in den Rollstuhl und dann in die Küche und zurück zu bringen. Trotz Avastin verschlechtert sich sein Zustand schleichend. Aber mir ist auch bewußt, dass auch Avastin kein Wundermittel sein kann. Noch versuche ich, die Pflege daheim alleine zu schultern. Wenn es allerdings nicht mehr machbar ist, werde ich wohl auch einen Pflegedienst heranziehen müssen oder mit dem Gedanken eines Hospizes leben zu müssen. Denn auch ich bin so ziemlich alleine. Zwei Schwestern meines Mannes schauen ab und zu vorbei, sonst habe ich noch meinen Sohn, der noch zuhause wohnt und mich unterstützt so weit es möglich ist. Mein Wunsch wäre allerdings, dass mein Mann daheim bleiben kann.

Ich bin im Gedanken bei euch und umarme euch alle herzlichst.

Liebe Grüße
Babsi
Babsi
Kelly81
20.01.2018 17:33:26
Hallo,

auch bei meinem Paps ging es sehr schnell bis er ein Pflegefall wurde. Seine linke Seite konnte er nicht mehr bewegen, danach konnte er nicht mal mehr sprechen oder essen. Meine Mum hatte sich so lange mit krank schreiben lassen und pflegte ihn.
Morgens und abends kam eine Pflegedame zum gemeinsamen Waschen/Umziehen/fachmännischen Lagern. Den Rest des Tages war sie für ihn da. Ich bin auch jeden Tag gekommen und habe geholfen wo ich konnte, das geht natürlich nur wenn man nicht weit weg wohnt. Vielleicht wäre aber so eine Unterstützung 2x am Tag auch denkbar?

Es ging aber alles sehr sehr schnell, Einen Monat später ist er dann eingeschlafen, genau 4 Monate nach Diagnose :-(.
Das ist noch kein Jahr her...
Für die Situation war es eine Erlösung, er wollte nie so leben aber leider durfte er nur 57 Jahre alt werden.
Wir haben nie offen über den Tod geredet, hatten auch immer Hoffnung aber er wollte unbedingt zu Hause sein. Diesen Wunsch haben wir ihm erfüllen können.
Diese Krankheit ist echt fürchterlich und ich hoffe für jeden Betroffenen, dass es besser ausgeht...

Liebe Grüße
Michael
Kelly81
NiciJunis
20.01.2018 18:32:51
Hallo Ihr Lieben! Danke für Eure Antworten.
Mein Vater ist auch erst 57- hat immer darauf hingearbeitet das im Alter alles Gut und Entspannt wird... hat immer alles für die Familie gegeben und hart gearbeitet um uns ein Häuschen und Urlaube zu ermöglichen. Und nun darf er das nicht erleben?
Ich weiß, so sollte man vielleicht nicht denken. Aber es ist so unendlich gemein!
Wie macht ihr es denn, wenn ihr mal Einkaufen oder zu Terminen müsst? Schaut ihr dann auch das Freunde oder Familie Betreuung leisten? Denn mein Dad kann nicht allein gelassen werden, aber Mutti muss ja auch mal Einkaufen und zum Arzt. Das ist dann immer ein ganz schönes Organisieren. Mir tut es aber gut ( in Anführungszeichen, weil wie soll man es Ausdrücken? ) zu lesen, dass ich mit meiner Familie gar nicht ein Einzel Schicksal sind oder wir uns irgendwie doof anstellen mit der Pflege, Betreung und Organisieren. Sondern euch geht es auch so, ihr steht vor den gleichen Hürden, Problemen und Gedanken.
Wir wollen auch alles probieren das Papa zu Hause bleiben kann. Meine Mum will die nächsten Schritte immer nicht wahr haben. Aber sie braucht mehr Hilfe von Pflegedienst! Ich Rede da nochmal mit ihr- denn sonst ist ein " Einschlafen" zu Hause nicht umsetzbar.
Ich sende euch allen Kraft und eine Umarmung unbekannter Weise. LG, Nici.
NiciJunis
suace
20.01.2018 19:48:57
Gibt es bei Euch einen Hospizverein? Die begleiten nicht nur die Patienten sondern helfen oft auch den Angehörigen.... damit diemaleinkaufen können oder sonst ne Atempause bekommen.
Eine angepaßte Pflegestufe ist auch ganz wichtig.
Wir sind noch nicht so weit, aber ich habe alle relevanten Kontakte schonmal gespeichert
suace
NiciJunis
20.01.2018 20:25:03
Hallo, vom Hospiz kommt zum Glück auch alle 2 Wochen eine ehrenamtliche Helferin die eine Stunde die Betreuung übernehmen kann. Ich könnte auch da nochmal nachfragen ob es mehr Zeiten geben könnte. Aber im Großen und Ganzen ist es wohl viel Organisieren und Planung.
Meine Mutter hält das immer alles bis zur letzten von sich fern- und dann ist das Leid groß wenn plötzlich doch das eine oder andere gebraucht wird. Sie macht es leider nicht wie du , das man schon mal alles parat hat.
Alles Liebe.
NiciJunis
struwwelinchen95
21.01.2018 09:36:13
Liebe NiciJunis. Mein Mann ist auch zuhause friedlich bei mir und den Kindern eingeschlafen. Ich konnte mich in der Zeit von der Arbeit beurlauben lassen, sog. Pflegezeit nehmen. Er lag vorher noch 4 Wochen auf Palliativstation. Von da aus hat der Sozialdienst vom Krankenhaus alles organisiert, wie Pflegestufe, Palliativversorgung zu Hause, Pflegebett, Rollstuhl, usw. Viele meiner Verwandten waren dagegen, dass ich ihn nach Hause hole. Ich hatte selber Angst davor. Aber ich wollte es ihm noch so schön wie möglich machen. Bei einer Symptomverschlechterung wäre er ja wieder von der Neuro aufgenommen worden und hätte wieder ein Bett in der Palliativstation bekommen. Das hat ich schon beruhigt. Er hatte nach der OP eine Linksseitenschwäche, die sich innerhalb von wenigen Wochen zu einer kompletten Lähmung entwickelte. Sprechen konnte er auch nicht mehr. Die Lähmung breitete sich dann auch auf rechts aus begleitet von einer Spastik. Bis auf die letzte Woche habe ich keine Hilfe bei der Pflege gebraucht. Es ging alles ganz langsam, aber wir hatten ja Zeit. Wenn die Kinder da waren, haben sie natürlich mit angepackt, das war sehr entlastend. Für die Kinder war es übrigens auch schöner, dass Papa wieder zu Hause war, da ich während des Neuro- und Palliativstationaufenthalts nur noch zum Schlafen daheim war. Ich konnte sie wegen der Schule nicht immer mitnehmen, ausserdem hatte ich täglich 2 Std Fahrt . Als er daheim war, konnten sie ihn täglich sehen. Nun wieder zur Sache: Wir hatten den amb Palliativpflegedienst mit im Boot. Anfangs kamen diese wöchentlich, dann täglich vorbei. Ein Hospizmitarbeiter kam einmal die Woche 2 Std. Dann hatten wir 2 x Krankengymnastik und 2x Ergo. Der Hospiz waere auch öfter gekommen. Wir hatten jedoch so viele Besucher, seine Freunde und Geschwister, das wäre zuviel geworden. Wenn deine Mutter keine Hilfe bei der Pflege möchte, kann sie dennoch Hilfe bei der Betreuung beanspruchen. Ausserdem fällt die Betreuung nicht ins Pflegegeld. In der Zeit könnte sie mal einkaufen oder putzen oder so. Würde sie Pflegestufe beantragen, stünde ihr auch die Verhinderungspflege zu und 4 Std mtl Dienstleistungen von einer Pflegestation. Sie könnte sich so auch für den Haushalt Unterstützung holen. Das wäre schon mal entlastend für sie. Es gibt so viel Hilfe, dass man es wirklich zu Hause schaffen kann. Und ich muss sagen, dass ich es so richtig gemacht habe und er es auch so gewollt hätte. Als er ging, blickte er mich und die Kinder noch einmal an. Wir brauchten keine Worte. Man sah seine Dankbarkeit, Liebe und Abschied. Alles was ich für ihn zum Schluss noch wollte, war, dass er keine Schmerzen und keine Angst haben muss. Wir haben ihm unsere ganze Liebe gezeigt und alles getan, was wir konnten. So will das deine Mutter vllt auch. Aber mit etwas Unterstützung geht es wirklich besser, sonst bricht sie zusammen und erreicht das Gegenteil. Ich wünsche euch ganz viel Kraft.
struwwelinchen95
NiciJunis
21.01.2018 20:54:49
Hallo Struwwelinchen! Lieben Dank für deinen Beitrag und offene Schilderung. Das sind alles wertvolle Tipps und Einblicke wie es gehen könnte. Mein Vater mochte noch nie gern weg von zu Hause. Dann soll er in seiner letzten Zeit sich auch sicher und wohl fühlen dürfen in den eigenen vier Wänden. Jetzt am Wochende habe ich mit meiner Mama wieder viel geredet und ihr zu verstehen gegeben, das wir alle, die Kinder, Schwiegersöhne, Enkelkinder , Freunde und Familie hinter ihr stehen , das wir so gut es geht mit helfen zu organisieren und Pflege mit ins Boot zu holen. Nur so kann sie mit Papa bis zum Schluss zu Hause bleiben.

Eine Frage habe ich noch in die Runde: weiß jemand wie man ausreichend Windeln komplett finanziert bekommt oder wo man im Zweifelsfall günstig an erwachsen Windeln ran kommt? Die Krankenkasse von meinem Vater finanziert nur EINE ! Windel am Tag! Das kann doch nicht sein?

Liebe Grüße, Nici.
NiciJunis
TumorP
21.01.2018 21:38:09
Der Hausarzt oder Urologe schreibt die durchschnittliche Anzahl der Windeln auf ein Rezept / eine Verordnung. Bei meiner Mutter waren es 4 -6 tgl.. Da sie die Windeln nicht selbst wechseln / fest machen konnte, bekam sie Höschen Pants von der Firma Hartmann. Die AOK hat das problemlos gezahlt. Die Windeln wurden an meine Adresse geschickt, da Mutter die Pakete nicht annehmen konnte.
Viele Grüße
TumorP
fasulia
21.01.2018 23:51:36
ich stimme TumorP zu.
Grundlage ist §33 SGB V die für alle gesetzlichen KK gilt:
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind...

bei Inkontinenz ist wichtig, dass ein Arzt oder der Pflegedienst eine mittelgradige oder schwere Harninkontinenz bescheinigt/ oder eben die benötigte Anzahl der Inkontinenz-Vorlagen

gute Infos gibt es auch hier:
https://www.pflege-durch-angehoerige.de/2014/10/09/ab-mittlerer-inkontinenz-werden-windeln-von-der-krankenkasse-bezahlt
fasulia
struwwelinchen95
22.01.2018 06:32:26
Mein Mann hatte anfangs Urinalpessare. Die stülpt man wie ein Kondom drüber und haben einen Schlauch dran, wie ein Katheter. Die waren sehr hilfreich, weil man da nicht so oft wechseln musste. Dann bekam er noch im Krankenhaus einen suprapubischen Katheter gelegt. Der ging über die Bauchdecke in die Blase. Es war für mich eine schreckliche Vorstellung, aber es tat ihm nicht weh. Wenn ihr die ambulante Palliativpflege mit ins Boot nehmt, werden alle Hilfsmittel bezahlt und die Apotheke kommt sogar zu euch und nicht umgekehrt.
struwwelinchen95
KaSy
22.01.2018 11:42:29
Nur mal als ergänzende Information:
Jede Apotheke sollte einen Lieferservice für Patienten haben, die nicht selbst zur Apotheke gehen können.
Die Angehörigen müssen nicht zur Apotheke gehen!
Besteht ein Pflegegrad, kann sogar der Pflegedienst Rezepte vom Arzt holen und der Arzt/Schwester kann die Apotheke informieren.
KaSy
KaSy
NiciJunis
22.01.2018 11:50:17
Hallo Ihr Lieben! Ich bin euch wieder sehr sehr Dankbar für diese Tipps und Erfahrungen! Das ist so viel Wert!
Alles Liebe , Nici.
NiciJunis
suace
22.01.2018 17:48:53
Die Windeln werden nicht mehr von den KK finanziert..... nur die InkontinenzEinlagen....ich glaube 2 pro Jahr. Ihr habt doch einen Pflegestufe.... dann sprecht mal den Pflegedienst an.... auch wenn noch keiner zu Euch nach Hause kommt wissen die sehr gut Bescheid. Ich bekomme meine infos von dort und aus der Apotheke unseres Vertrauens.
Ich kaufe die InkontinenzHosen für meinen Liebsten im Drogeriemarkt.
suace
Bulli2014
18.02.2018 15:10:52
Guten Tag,
ich wollte hier nur kurz mal antworten,
Die Windeln bekommt man über eine Verordnung von seinem Hausarzt oder Paliativarzt verschrieben...das ist kein Problem...auch ohne Pflegestufe...aber auf Grund der Diagnose wird sicher eine Pflegestufe da sein. Sämtliche Pflegeutensilien wie Pflegetücher, Pflegebetten, Trinkersatznahrung, Inkontinenzauflagen (Waschbar oder Wegwerf), Luftauflagen für die Betten ...alles kann und wird von der KK bewilligt und vom behandelnden Arzt verschrieben.... keiner muss dieses selber zahlen...

Ich bin in der Pflege tätig und habe daher einige Kenntnisse darüber.

Ich hoffe ich konnte helfen. :)

Bulli2014

Papa du wirst immer in unserem Herzen sein...
Bulli2014
NiciJunis
25.02.2018 12:06:01
Hallo nochmal an Alle die sich mit mir Ausgetauscht haben und wertvolle Tipps gegeben haben- vielen Dank dafür nochmal!
Nach und nach ist die Intensive Pflege bei uns zu Hause angelaufen. Es kamen Paketeweise Windeln, Unterlagen, Dekubitus Matraze, Lätzchen, Trinknahrung.... die Häufigkeit der ambulanten Pflege wurde auf dreimal am Tag gesetzt.... doch dann waren es auch nur noch knapp 3 Wochen in denen mein Papa so intensiv von uns und dem Pflegeteam gepflegt werden musste.
Am 9. Februar 2018 hat mein Papa dann für immer die Augen geschlossen. Im Beisein von mir, meiner Schwester und Mama ist er recht friedlich und ohne Schmerzen gestorben.
Aber der Schmerz auf meinem Herzen ist nun unsagbar groß.

In tiefer Trauer, eure Nici.
NiciJunis
Hoffnung18
26.02.2018 09:57:37
Liebe Nici,

mein aufrichtiges Beileid.
Ich fühle mit Dir mein Papa hat auch diese schreckliche Krankheit.

Es gibt keine Worte die Trost spenden.
Ihr habt Ihn auf diesem Weg bis zuletzt begleitet und das hat er bis zuletzt gespürt das Ihr an seiner Seite wart.
Jetzt ist er erlöst und seine Seele ist frei.
Er wird immer bei Euch sein. Liebe kennt keine Grenzen.

ich wünsche Dir und Deiner Familie alles Liebe und ganz viel Kraft für die kommende Zeit.

LG
Rosaria
Hoffnung18
Grünes Haus
26.02.2018 19:00:02
Mein aufrichtiges Mitgefühl !
Grünes Haus
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