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Thema: Wir sind überfordert

Wir sind überfordert
arai
24.05.2017 20:34:41
Hallo zusammen,

wir haben vor wenigen Tagen erfahren, dass bei einem Freund (23) ein Glioblastom an den Basalganglien diagnostiziert wurde. Parallel wurde eine Neurofibromatose II mit einem Akustikusneurenom und einer weiteren Raumforderung im Bereich von C2 gefunden.

Er bekam die Diagnose in Heidelberg und ist auch dort zur Behandlung. Zunächst soll er Temodal und Protonenbestrahlung bekommen.

Verständlicherweise ist er und die Familie mit der Situation völlig überfordert und nickt lediglich alles ab, was von den Ärzten empfohlen wird, ohne sich über weitere Therapiemöglichkeiten zu informieren.

Wir wären sehr Dankbar, wenn ihr uns ein bisschen Auskunft darüber geben könnt, wie man vorgehen sollte. Man liest viel über Studien oder Medikamente, die im off Label use angewandt werden aber an wen wenden wir uns am besten um über solche Alternativen zu sprechen?

Würde mir ein Arzt von der Uniklinik Heidelberg zum Beispiel eine Studie an der Uniklinik Ulm empfehlen? Ich kann mir das schwer vorstellen und habe etwas Sorge, dass nicht alle Möglichkeiten in Betracht gezogen wurden. Aber wer hat solche Informationen, kann vielleicht auch die jeweiligen vor und Nachteile der unterschiedlichen (nicht zugelassenen/in Studien befindlichen ) Therapien zusammenfassen?

Hat jemand Erfahrungen mit Onkologen im Raum Frankfurt/Heidelberg und kann uns da jemanden empfehlen um eine zweite Meinung einzuholen?


Was können wir tun um die Familie zu unterstützen, sich über die Krankheit/Therapien etc. zu informieren und sich damit auseinanderzusetzen, leider wird alles abgeblockt und es scheint eine Art "alles egal-ich möchte mich damit nicht beschäftigen" Haltung vorzuherrschen. Ich verstehe total, dass eine solche Diagnose so eine Reaktion hervorrufen kann, aber wir würden ihnen gerne helfen da raus zu kommen, damit sie damit umgehen können und Sie sich Informieren.


Ich hoffe ihr habt den ein oder anderen nützlichen Tipp und könnt uns vielleicht auch durch eure Erfahrungen etwas unterstützen.

vielen Dank!

Moritz
arai
alma
24.05.2017 22:46:46
Hallo Moritz,

in Heidelberg ist er in guten Händen. Ihr müsst nicht befürchten, dass euch laufende Studien vorenthalten werden. Aber für die Teilnahme an einer Studie ist es zu früh.
Es liegt ja noch nicht mal eine komplette Diagnose vor.
Die erste Frage beim Hirntumor: OP möglich? Auch das AKN?
Danach die Nachbehandlung. TMZ und Radio sind Standard beim Glioblastom. Da hilft auch kein Klinikwechsel.
Man kann zusätzlich Methadon nehmen. Das ist eine separate Frage. Einige hier um Forum tun das. Gib mal das Wort in die Suchleiste vorige Seite rechts oben, dann kommst du an die Beiträge.

Man kann jemandem nur helfen, der um Hilfe bittet. Da würde ich also abwarten, was die Familie unternimmt. Die Überforderung ist anfangs groß, und Informationen können schnell zuviel werden. Man hält sich in einer solchen Lage am liebsten an die Ärzte.

Warum jetzt schon eine Zweitmeinung? Wenn ja: Unikliniken mit viel neurochirurgischer Erfahrung. Man kann sich von der behandelnden Klinik auch jemanden empfehlen lassen, Ich sage ganz offen, dass ich mir eine zweite Meinung holen möchte.
Ansonsten: MVZ Onkologie. MVZ = Medizinisches Versorgungszentrum.
Das sind Praxen oder Abteilungen in Kliniken. Findet man im Internet.
Beratungstelefone: Hirntumorhilfe (hier), KID = Krebsinformationsdienst,
Krebsgesellschaft (nach Bundesländern geordnet).
Für Studien: NOA = Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft. Geh ruhig mal auf diese Seite, dann wirst du merken, warum es jetzt zu früh dafür ist.
Der Studienpapst in Deutschland ist Dr. Wick (übrigens Heidelberg).

Bitte eine eigene Krankenakte anlegen. Alle Befunde der neuen Diagnosen rein, auch die der Neurofibromatose.

LG, Alma.
alma
LuBu
28.05.2017 09:53:36
ich habe mich immer hier schlau gemacht:

http://glioblastom-studien.de/indexGBMakbeh.htm#_Toc433795535

und hier

http://www.glioblastom-studien.de/#_Toc461728624

Ansonsten: bei Ersttumor gibt es nur Standarttherapie: OP, Temodal und Bestrahlung. Da bietet einem kein Arzt irgendetwas anderes an. Was wie ein Medikament wirken soll ist Ausdauersport. Das ist das Einzigste, was uns die Mediziner (selbst nach intensiven Nachfragen) zusätzlich empfohlen haben. Wir haben es noch mit ketogener Ernährung und natürlich zucker- und weißmehlfrei probiert. Ob es was gebracht hat, weiß niemand, denn es fehlt ja die Vergleichsgruppe :-( Immerhin 22 Monate ohne Rezidiv, aber mein Freund hat den MGMT-positiv Status, da wirkt die Chemo sowieso besser.
Das Rezidiv kam dann aber doch im Dezember 2016.
Therapiefreiheit, Studienangebote usw. gibt es erst, wenn ein Rezidiv da ist. Über den Sinn kann man streiten. Aber die Ärzte sind außer bei Chemo und Bestrahlung nach meiner Erfahrung sehr(!) zurückhaltend. Ich glaube, Sie haben Angst, bei allem, was nicht durch Studien 100% belegt ist, Regressforderungen gegenüber zu stehen. Achtung: das sind alles nur unsere ganz persönlichen Erfahrungen und ich weiß nicht, ob man das verallgemeinern kann.
LuBu
alma
28.05.2017 10:11:19
Therapiefreiheit gibt es nach meiner Erfahrung auch nicht, wenn ein Rezidiv
da ist. Das Tumorboard macht Vorschläge, was nun zu tun ist.
Keine der vorgeschlagenen Therapien zu machen hieße wohl, nicht mehr in der Nachsorge zu sein, was bei einem höhergradigen Tumor nicht zu empfehlen ist.
Die Angst vor Regressforderungen ist verständlich. Es geht aber auch um Überzeugungen.
alma
arai
29.05.2017 11:39:57
Vielen Dank für eure Antworten!

Das Glioblastom ist aufgrund seiner Lage inoperabel. Deshalb auch keine OP und damit auch kein Rezidiv, was die Tür zu möglichen Studien öffnen könnte.


Dann mache ich mich noch weiter schlau und warten wir ab, was die Ärzte nach der ersten Runde Bestrahlung und Chemo sagen. Die beginnt diese Woche.
arai
aton
29.05.2017 11:55:51
Hallo Moritz,

hier findest du einen möglichen Therapieansatz; Sie Thema

GLIOBLASTOMA MULTIFORME IV – Schulmedizin versus Alternativmedizi

herzlichst Matthias
aton
Sawhoopee
31.05.2017 20:45:25
Mir und meinem Mann, der betroffen war, haben die blauen Ratgeber der Deutschen Krebshilfe etwas geholfen. Da ist über Ratgeber zur jeweiligen Tumorarten auch über soziale Fragen, Lebensfragen, etc. etwas dabei. Die kann man dort kostenfrei bestellen und zusenden lassen.

Darüber hinaus haben uns die Psychologen der Psychoonkologie sehr geholfen. Vielleicht gibt es eine Psychoonkologie in eurer Nähe? Da gibt es für Betroffene und Angehörige Hilfe jeglicher Art. Ob Einzelgespräche, Musiktherapie, Gruppengespräche, Krisenintervention, Paargespräche.

Ich war damals als Partnerin auch sehr überfordert und konnte zunächst auch erstmal keine Hilfe annehmen.

Sich voll und ganz in die Hände der Ärzte zu begeben und die Therapie nicht zu hinterfragen hat uns gut getan. Da hatten wir vollstes Vertrauen. Und meiner Meinung nach ist er tatsächlich in Heidelberg in guten Händen. Zumindest nach dem, was ich von dort weiß.

Alternative Therapien gibt es sicherlich viele. Die Frage ist immer, in wie weit es die Lebensqualität erhält.
Eine Art Diät haben wir z.B. nie in Betracht gezogen, weil es dazu tatsächlich absolut keine Nachweise über einen Benefit gibt. Gab es kürzlich im Zeitmagazin einen großen, gut recherchierten Artikel dazu. Die Lust am Essen zu erhalten ist sicherlich da viel wertvoller.

Wir haben soweit ging so viel Normalität gelebt, wie es nur irgendwie möglich war.
Als beste Hilfe empfand ich von unserem Umfeld, wenn unser Tempo eingehalten wurde und wir nicht zu irgendwas gedrängt wurden. Wenn die Menschen um uns herum einfach nur da waren. Wenn sie im Hintergrund uns wissen lassen haben, dass sie da sind, egal was passiert.
Tausend Tipps von allen Seiten empfanden wir eher als verwirrend und beunruhigend. Das Wissen um die beste Therapie haben wir den Ärzten überlassen. Mit den Liebsten um uns herum haben wir lieber so viel schöne Zeit verbracht, wie es nur irgendwie ging.

Hoffe dies kann Dir weiterhelfen!
Liebe Grüße,
Sara
Sawhoopee
Cathalina
02.06.2017 17:15:33
Hallo Moritz,
Ich muss Sara zustimmen, dass es nach kurzer Zeit sehr anstrengemd werden kann, jedem Tipp, jeder Meinung und jedem Hinweis nachzugehen. Und wie du gesagt hast, vielleicht ist die Haltung deiner Freunde ein Ausdruck ihrer Eigenen Überforderung.
Bei uns ist es so, dass meine Mutter die Betroffene ist, ich viel recherchiere und nach Alternativen suche und meine Schwester sich möglichst wenig mit dem Thema beschäftigt, um sich und ihre Psyche zu schützen.
Wenn es dir ein Bedürfnis ist, kannst du dich ja über den Tumor und alternative Behandlungen informieren. Wenn deine Freunde dann soweit sind, um sich auch damit auseinanderzusetzen oder Alternativen brauchen, kammst du ihnen sicher schon wertvolle Informationen geben!
Ich wünsche deinem Freund alles Gute und dir ganz viel Kraft in dieser Zeit!
Cathalina
StuartLittle
02.06.2017 18:13:22
Hallo Moritz,
ich empfehle Dir, wie schon LuBu den Link:
Die Standard-Therapien sind leider immer noch alles andere als vielversprechend. Mein Mann hatte auch ein Glioblastom und er war auch in Heidelberg. Operieren können die wirklich gut, aber auch beim Rezidiv sind die leider nicht offen für neue Therapiewege (das war leider unsere Erfahrung). Erst Temodal mit Bestrahlung, dann CCNU, dann Avastin. In Münster haben wir uns eine Zweitmeinung eingeholt, das Uniklinikum dort kann ich bzgl. Beratung und Betreuung nur empfehlen. Ich kann nur raten, selbst aktiv zu sein. So schwer das ist, Eigeninitiative ist jetzt verdammt wichtig.
Alle Besten Wünsche
Sandra
StuartLittle
Agge09
03.06.2017 14:55:54
Sandra,
Ich bin am 16.12.16 am GBM bestens operiert worden super Krankenhaus 130 km entfernt
Aber danach ist alles riesig anonym und steif alles geht nur nach STUPP. VErfahren wat neues?
Ich würde gern nen Onkologen vor Ort haben

Was hat Münster denn beim Rezidiv vorgeschlagen kann bei mir auch kommen bin aber auch MGMT methyliert
Agge09
StuartLittle
12.06.2017 23:47:14
Hallo Agge09,
die Ärzte in Münster sagten auch dass eine erneute OP nicht möglich wäre, da der Tumor den Hirnstamm erreicht hatte. Sie schlugen Nivomulab vor. Der Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse hat leider 8 Wochen gedauert. Da konnte mein Schatz schon nicht mehr aufstehen oder richtig sprechen, sodass unser Onkologe hier vor Ort sagte, bei Bettlägrigen Patienten würden Sie eine erneute Chemo/Immuntherapie nicht unbedingt mehr empfehlen.
Ich wünsche Dir, dass endliche neue Behandlungmethoden eingesetzt werden und dass Du möglichst lange und gut mit dieser Diagnose leben kannst.
Alles Liebe

Sandra
StuartLittle
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