Hallo an alle,
eigentlich hatte ich nicht mit positiver Resonanz auf mein letztes Post gerechnet, umso mehr freut mich selbiges, zeigt es doch eine differenzierte Betrachtungsweise.
Ist die Entscheidung eine besonders mutige? Ich glaube nicht und gehe da völlig mit Alma konform, dass jede Entscheidung hinsichtlich einer Therapie Mut erfordert. Ich hatte den unschätzbaren Vorteil, fast sieben Jahre Zeit zu haben, mich mit dem Thema zu beschäftigen, zu recherchieren und aufgrund dessen einen Fahrplan für mich festlegen zu können. Es überrollte mich nicht wie viele andere, denen die Zeit für umfangreiche Informationssammlung fehlt, weil schnell gehandelt werden soll und man verständlicherweise das Bedürfnis hat, irgendwie agieren zu müssen, etwas unternehmen zu können.
Mich treibt genau dieselbe Angst wie jeden Betroffenen, nur wähle ich eine andere Variante des Kampfes, eine recht passive, zu der sicher ein Maß an Gelassenheit gehört. Ich bewundere die junge Mutti, deren Bekanntschaft ich vor kurzem machen durfte (inzwischen auch WHO III oder IV, inoperabel), die bereit ist, jeden bitteren Weg zu gehen, Chemo, Bestrahlung, unwissend, ob sie zu jenen zählt, denen es einen Zeitaufschub verschafft, um alles getan zu haben, für ihre Kinder so lange wie möglich die Mama zu erhalten. Das erfordert in meinen Augen jede Menge Mut, sich ganz geplant dieser Prozedur zu unterziehen. Und dass die Nebenwirkungen beider Therapien, die beide keine kurative Wirkung haben, grausig sein können, die wenigsten Leute (wie Fiete hier aus dem Forum) beides ohne gravierende Einschränkungen überstehen, darüber dürfte doch Einigkeit herrschen? Sicher sind die Langzeitfolgen weniger relevant bei dieser Erkrankung - was, wenn doch?
Die verbleibende Zeit möchte ich so gut es geht, und so lange es geht, ohne Einschränkungen nutzen. Dafür kann ich weder Chemie noch Röntgenstrahlen in meinem Körper brauchen. Dieser Weg ist möglicherweise so gut wie jeder andere - aber er entspricht mir ganz persönlich am ehesten. Dass mir ein Schulmediziner (und andere Ärzte suche ich nicht auf) zu diesem Weg rät, ist kaum zu erwarten, aber eine adäquate ehrliche Beratung mit dem Aufzeigen von Pro und Kontra, Erfolgsaussichten und Statistiken sehr wohl. Bislang fühlte ich mich gut informiert. Von Verteufelungen der Schulmedizin über "jeder Krebs ist heilbar, man enthält uns nur die einzig wahren Heilmethoden vor", bis hin zur globalen Unterstellung von Profitgier halte ich nichts. Es ist unwahrscheinlich, dass man den Eid des Hippokrates durch einen auf die Pharmaindustrie ersetzt hat. Das Fehlverhalten einiger Ärzte (siehe die Skandale in jüngster Vergangenheit) auf die komplette Ärzteschaft zu übertragen, halte ich für unangemessen und es erschüttert mein Vertrauen in die Beratung nach bestem Wissen und Gewissen durch die von mir konsultierten Mediziner in keinster Weise. Was ich aus den Informationen mache, bleibt ganz allein meine Sache.
Das war jetzt unbeabsichtigt etwas weit ausgeholt, aber ich wollte meine Sichtweise noch mal erklären.
LG und vielen Dank für die guten Wünsche, LieseMüller