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Thema: Zunehmende Aggressivität und Verwirrtheit

Zunehmende Aggressivität und Verwirrtheit
Nessie
25.05.2016 13:15:33
Hallo,

ich habe mich heute in diesem Forum angemeldet, weil ich es unheimlich schwer finde, als Angehöriger mit dieser Krankheit und was sie aus meinem Vater macht, umzugehen.

Ich versuche mal so kurz und hoffentlich verständlich wie möglich den Verlauf zu beschreiben:

Betroffener: mein Vater (66), Rentner, allein lebend
Angehörige: Tochter (35), 2 Kinder (6 und 3), 40km entfernt lebend

Im Dezember 2015 bemerkte mein Vater Gedächtnislücken, intervallartige Kopfschmerzen und Konzentrationsschwächen. Im März ging er beunruhigt zum Hausarzt. Der überwies in gleich in eine Klinik. Dort wurde er mit Verdacht auf Demenz untersucht. Durch das MRT hat man eine Raumforderung festgestellt.
Er kam nach Hamburg Eppendorf zur weiteren Untersuchung. Dort wurde eine Probe entnommen.
Diagnose (31.03.): Glioblastoma multiforme WHO Grad IV, inoperabel.

Mein Vater konnte zu dem Zeitpunkt keinen Satz beenden, weil ihm die Worte fehlten, nicht mehr lesen, sich nicht mehr orientieren, hatte kein Zeitgefühl mehr, einen gestörten Gleichgewichtssinn, eingeschränktes Sehvermögen.
Nach der Diagnose wollte er sofort nach Hause. Dies ging nur, weil seine Lebensgefährtin (die voll berufstätig ist und 60km entfernt wohnt) für 4 Wochen krank geschrieben war und bei ihm in der Wohnung bleiben konnte.
Die Ärzte haben ihm die Entscheidung überlassen, ob er eine Therapie überhaupt machen möchte (Einschätzung: WENN man den Tumor operieren könnte (was ja nicht geht) und er würde eine Therapie machen, hätte er kein Jahr mehr zu leben).
Seit dem 21.04. macht er eine Strahlentherapie in Kombination mit Temodal (140).
Die Bestrahlung und Temodal verträgt er erstaunlich gut, bis auf 2 Tage Übelkeit hat er eigentlich keine Nebenwirkungen.
ABER alles drum herum ist schwer zu bewältigen!
Er kann wieder ganze Sätze sprechen, der Sinn ist allerdings schwer bis nicht verständlich! Alles, was man ihm erklärt, kann er nicht mehr verstehen/erfassen. Das macht es unheimlich schwer, ihm jegliche Dinge zu vermitteln. Er versteht nicht, warum der MDK kommen muss, warum man Schriftstücke unterschreiben muss, um Gelder etc. zu beantragen, warum er öfter zum Arzt muss, warum jemand in seine Wohnung kommen muss, um Tabletten zu stellen. Er lehnt fast alles ab!
Er ist zudem unheimlich aggressiv und beleidigend! Er hat schon fast Wahnvorstellungen (er denkt immer, es hört jemand zu oder will ihm was wegnehmen). Er kann sein Telefon meistens nicht bedienen, d.h. er ist für uns auch nicht immer erreichbar. Wir mussten bereits 2x die Polizei einbeziehen, weil er nicht an sein Telefon ging und nicht auffindbar war. Es kann ja immer sein, dass er einen epilleptischen Anfall bekommt, oder einfach nicht mehr weiß, wo er ist.
Meiner Meinung nach, kann er nicht alleine in seiner Wohnung bleiben, das Problem ist, dass er sich gegen jede Hilfe wehrt und körperlich einfach „noch zu fit“ ist. (Er irrt jeden Tag zur Bestrahlung zu Fuß! (Hin- und Rückweg sind 13 km!).

Ich habe jetzt Hilfe vom Palliativnetz. Es kommt 1x am Tag jemand, um nach ihm zu sehen und Tabletten zu stellen (das aber auch unter erschwerten Bedingungen).
Er will sich von keinem diktieren lassen, wann er zu Hause sein muss, er will sein eigenes Leben so führen wie früher.
Ich kann gar nicht richtig wiedergeben, wie schwer er es allen macht. Er tut mir natürlich unheimlich leid, aber er lässt sich leider nicht helfen.
Vor 2 Tagen bin ich zu ihm in die Wohnung gefahren, weil ich gesehen habe, dass es dringend erforderlich ist, mal aufzuräumen. Er hat etwas auf dem Herd anbrennen lassen, ernährt sich nicht ordentlich (in der ganzen Wohnung liegen Erdnussschalen), der Abwasch türmt sich, überall liegen Wäschestücke, ich finde leere Bierdosen und Weinflaschen, Blumen stecken verkehrt herum in der Blumenvase, ein Stück Kuchen liegt im Backofen (er hat wohl gedacht, es ist eine TK Pizza), Knoblauch steckt in der Kaffeemaschine...

Heute morgen um 6.15 Uhr hat er mich angerufen und mich angeschrien, dass wir geschiedene Leute sind und ich für ihn gestorben bin...

Puh, es ist fast unmöglich, zu vermitteln, was alles passiert ist und für Leser bestimmt total unverständlich - tut mir leid. Ich könnte mittlerweile ein Buch schreiben, weil eigentlich jeden Tag etwas Neues passiert.
Vielleicht kennt jemand einen ähnlichen Verlauf der Krankheit und man kann sich mal austauschen, im Moment bin ich echt ratlos, wie ich mit ihm umgehen soll (ich denke sehr viel über das Thema Zwangseinweisung nach...) FURCHTBAR!
Danke, für Eure Zeit!
Nessie
suace
25.05.2016 14:13:01
Oh Du Arme!
Du hast recht..... alleine zuhause bleiben geht offenbar nicht mehr.
Die Perönlichkeitsveränderungen sind leider bei fast allen GlioPatienten zu beklagen und auch Uneinsichtigkeit bezüglich der Situation.
Alleine kannst Du das nicht lösen. Hol Dir alle Hilfe die möglich ist. Pflegediesnst, Krankenkasse, Palliativteam und Hausarzt. Achso.... und das Sorgentelefon der Hirntumorhilfe (Nummer steht auf der Homepage) Zusammen könnt Ihr vielleicht eine Lösung finden. Ich drück Euch die Daumen und wünsch Dir ganz viel Kraft !
suace
Nessie
25.05.2016 21:31:50
Hallo suace,

Danke für Deine Antwort! Es ist schonmal total tröstend und schön, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mein ganzes Geschreibsel zu lesen und zu verinnerlichen! Danke!
Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht?
Es ist wirklich furchtbar! Besonders schlimm finde ich, dass man sich, durch diese "Begeleiterscheinungen", gar nicht mit der Tatsache an sich auseinandersetzen kann - ich werde meinen Papa verlieren und muss mich mit so vielen anderen Dingen auseinandersetzten. Ich möchte mich eigentlich viel mehr auf ihn selbst konzentrieren, aber er ist eben nicht mehr er selbst - Das ist wohl das Tückische an der Krankheit...
Nessie
alma
25.05.2016 21:52:28
Ich versuche mal, das aus der Warte deines Vaters zu sehen.
Es muss furchtbar für ihn sein. Ohne jede Warnung wurde ihm fast alles genommen, was sein Selbstgefühl angeht. Ganz elementare Dinge: sich mit anderen verständigen, für sich sein, sich in der Welt zurechtfinden, sein Leben in der Hand haben.
Er versteht nicht, was mit ihm los ist und was andere von ihm wollen. Er ist völlig überfordert. Dass man dann aggressiv wird, leuchtet mir ein.
Im Zustand der Bedrohung geht der Unterschied von Freund und Feind verloren. Das einzig Sichere: alles abzulehnen, was angeboten wird. Und zu versuchen, irgendwie die Kontrolle zurückzuerlangen (die Fußwege zur Bestrahlung).
Es wäre gut, jemanden zu finden (Pflegedienst), der ihn psychisch erreicht. Angehörige sind oft zu sehr involviert. Und vielleicht gibt es die Möglichkeit, ihn medikamentös ruhig zu stellen.
Ist ja nicht ausgeschlossen, dass er wieder Boden unter die Füße bekommt. Durch die Behandlung müsste der Tumor vorübergehend kleiner werden und damit sich auch die Symptome bessern.
alma
Wasa
25.05.2016 22:07:29
Es ist einfach grausam, dass unsere geliebten Menschen nicht mehr die sind, die sie waren. Diese ganzen Nebenschauplätze erschweren das Ganze.

Man hat auch nicht immer den Nerv diplomatisch zu sein und die Beschimpfungen wegzustecken, man fühlt sich so hilflos und total überfordert und allein gelassen.

Du hast recht, man kann es keinem sagen und es versteht vorallem niemand, der es nicht selbst erlebt hat. Hier versteht es jeder, denn jeder einzelne Angehörige hat mal mehr und mal weniger mit diesen Schwankungen zu kämpfen. Einmal einsichtig, einmal störrisch und verletzend, aber sie sind nicht mehr sie selbst und können nichts dafür.

Dein Vater kann nicht mehr alleine leben, du musst dir Hilfe holen, was sagt das Paliativteam? Ärzte? Es wird auf Zwangseinweisung hinauslaufen, aber es wird nur zu seinem Besten sein, bevor es evtl. Brennt oder sonst was.

Ich kann mir vorstellen, dass du diesen Gedanken ganz schnell, wegschieben willst, nur ständig in dieser Angst zu leben, was macht er gerade, ist was passiert, allle Gedanken 40km weiter.... nicht auszudenken

Viel, Kraft und Energie wünsche ich dir von Herzen

Liebe Grüße Sabine
Wasa
Wasa
25.05.2016 22:13:34
Alma, das hast du gut geschrieben, man vergisst bei dem ganzen Druck immer mal, die Andere Seite.

Wer verantwortet, dass dein Vater alleine zu Fuss zur Bestrahlung geht und dann auch wieder zurück? Das geht doch gar nicht.

Mein Mann war stationär, da haben sie ihn mit dem Rollstuhl zur Bestrahlung gefahren und wieder zurück.
Wasa
alma
26.05.2016 01:36:11
Ich tue mich schwer mit dem Wort "Wesensveränderung" oder "Persönlichkeitsveränderung". Vielleicht gibt es die, aber vieles erklärt sich doch aus der momentanen Lage. Wie schnell ist man nicht mehr man selbst, wenn man in schwierige Situationen gerät. Ist man wieder draußen, kommt man buchstäblich wieder zu sich.
Hier kann man auch an etwas Akutes denken, das sich nach einiger Zeit wieder bessert. Eben weil es so schnell und noch unter der Behandlung passiert. Dann geht man anders an die Sache heran.
Zwangseinweisung muss es wohl nicht sein, aber vielleicht kann man ihn dazu überreden, sich in eine psychiatrische Abteilung einweisen zu lassen, die ihn wieder einigermaßen auf die Beine stellt.

Nessie, sieh mal unter dem Begriff "Durchgangssyndrom" bei Google nach, vielleicht findest du da Anregungen.
Das ZIP in Kiel könnte auch eine Anlaufstelle sein. (Zentrum für Integrative Psychiatrie, Campus Kiel). Weil ihr in Eutin wohnt. Oder eine Neuropsychiatrie. Einfach mal anrufen, wie es mit den Zuständigkeiten aussieht.

LG, Alma
alma
suace
26.05.2016 07:49:45
Liebe Alma,
Ich weiß, daß Dir die Definition Persönlichkeitsveränderung schwer fällt-manchmal ist es aber tatsächlich so und nicht nur aus einer Situation heraus erklärbar. Das ist sicher auch vom Sitz des Tumors abhängig. Bei meinem Mann ist das li Frontalhirn betroffen. Das hat zu erheblicher Wesensveränderung geführt ... irreversibel natürlich. Ich habe insofern "Glück", als er nicht aggressiv geworden ist (kommt bei Frontalhirn ja oft vor) sondern bei ihm die Witzelsucht und Unbekümmertheit überwiegt (im Gegensatz zu früher eine 180 Grad Veränderung). Er hält sich im Gegensatz zu früher an Uhrzeiten fest, Verabredungen müssen auf die Minute eingehalten werden, daß Essen minutengenau auf dem Tisch stehen (er ist Südamerikaner ...... früher lag ihm nichts ferner als Pünktlichkeit). Er fordert von unserer Hausärztin regelmäßig Abschiedsküßchen und auf der Straße grüßt er JEDEN der entgegenkommt. Festhalten an Kleinigkeiten sehe ich auch als Reaktion auf seine unberechbar gewordene Welt ...... aber Vieles ist echt so anders als früher. Wie gesagt, wir haben verhältnismäßig Glück weil seine Veränderungen überwiegend liebenswert sindund wir viel lachen können. Ne Wesensveränderung ist es trotzdem
suace
Nessie
26.05.2016 08:59:28
Ihr Lieben,
vielen Dank für Eure Zeilen!
Es gibt einem Kraft, wenn man verstanden wird.
Wir (Palliativteam, sein Bruder und ich) haben ihm schon diverse Vorschläge gemacht. Er geht auf keinen Fall jemals wieder in eine Klinik und in ein Heim schon gar nicht. Ich hatte ihn am Anfang der Bestrahlung auch schon zu mir nach Hause geholt, dort hat er ein schönes eigenes Zimmer bekommen und in dieser Woche ging es ihm echt gut, bis auf die Traurigkeit, die ja total verständlich ist. Aber nach einer Woche fühlte er sich in seiner Freiheit so eingeschränkt, dass er nach Hause wollte.
Wir versuchen ihm ja zu ermöglichen, in seiner Wohnung zu bleiben, aber, da er vehement ablehnt, sich an einige Dinge zu halten, bzw. weitere Hilfe in Anspruch zu nehmen (wie Haushaltshilfe oder Essen auf Rädern), bin ich ziemlich ratlos und habe ein ganz ungutes Gefühl. Ich fühle mich verantwortlich für ihn und für die Menschen um ihn herum, die mit in dem Haus leben. Was ist, wenn etwas passiert. Ich befürchte auch, dass es irgendwann zu einer Einweisung kommen wird. Das ist nicht schön und ich würde nichts lieber tun, als ihm das zu ersparen!
Zu den Wesensveränderungen muss ich leider sagen, dass es keine Veränderungen sondern für mein Gefühl eher Verstärkungen sind. Dieses unkontrollierte schnelle Aufbrausen kenne ich aus meiner Kindheit. Er konnte es für einige Jahre gut kontrollieren, sogar ablegen, aber jetzt kommt es wieder zum Vorschein. Mir hilft ein bisschen, dass es nicht ganz neu für mich ist, aber es ist natürlich trotzdem verletzend und schwer.
Für meinen Papa ist die Situation am schwersten, ich weiß gar nicht, ob er im Inneren begreift, was mit ihm passiert und, ob er in der Lage ist sein Verhalten manchmal zu reflektieren. Merkt er selber, dass er aggressiv ist und seine Lieben vor den Kopf stößt?
Nessie
alma
26.05.2016 10:58:17
Liebe Suace,

jeder hat da seine Definition und auch das Recht darauf. Was deinen Mann angeht, kannst du das wohl am besten beurteilen.
Mir ging es v.a. darum, es auch als etwas Vorübergehendes zu betrachten, nicht um den Beginn von etwas Irreversiblen.
Es wäre dann anders als bei deinem Mann.

Gruß, Alma
alma
KaSy
26.05.2016 15:38:45
Liebe Nessie,
auf Deine Frage "Merkt er selber, dass er aggressiv ist und seine Lieben vor den Kopf stößt?", antworte ich aus meiner Erfahrung.

Ich hatte viele Monate oder Jahre (?), in denen ich durch Perönlichkeitsveränderungen (oder -verstärkungen?) meinen Lieben zu Hause und in Der Arbeit gegenüber aggressiv geworden bin. Ich konnte es nicht zurückhalten, merkte es aber fast gleich oder etwas später. Ich reagierte dann stets mit Weglaufen und ziemlich gleichzeitig mit starkem Weinen, weil es mir selber derart wehtat, dass ich ausgerechnet denjenigen gegenüber so sehr bösartig geworden war, die wirklich zu mir hielten, die meine Allerliebsten waren.
Sie hielten alle trotzdem zu mir, weil sie wussten, dass nicht ICH es war, sondern der Tumor.
Meine Kinder litten in unterschiedlichem Maß darunter. Es fiel besonders meiner Tochter viele Jahre lang schwer, dieses Weglaufen, das ihr große Angst machte, mit meiner Krankheit in Verbindung zu setzen.

Eigenartigerweise war dies bei den Menschen, die mir weniger nahe waren, nicht so. Das betraf Kollegen, mit denen ich nicht befreundet war, gegenüber Verkäuferinnen, Ärzten blieb ich auch kontrolliert.

Ich habe das damals lange überhaupt nicht wahrgenommen, wie schlimm ich war und irgendwann wurde es mir bewusst und dieser Unterschied gegenüber Fremden und Vertrauten auch. Irgendwann wurde es mir bewusst und ich versuchte, das zu verstehen. Es war wohl dieses feste Vertrauen, diese stark verinnerlichte Sicherheit, die ich bei meinen Lieben nicht hinterfragen musste, die einfach da war, die mich die Kontrolle verlieren ließ. Bei Fremden kontrolliert man sich auch im Alltag anders und das könnte auch bei Erkrankten zutreffen, deren Wesen (wodurch auch immer) verändert ist.

Letzteres könnte vielleicht ein Ansatzpunkt für Dich sein. Es ist nicht nur so, wie Alma schrieb: "Angehörige sind oft zu sehr involviert." Es ist auch so, dass sich die Erkrankten bei ihren vertrauten Personen mehr herausnehmen, unbewusst (!) glauben, Forderungen stellen und Ablehnungen aussprechen zu können, wütend werden zu dürfen. Ihr Unterbewusstsein gibt ihnen die Sicherheit, dass ihnen verziehen wird.

Vielleicht kannst Du fremde Personen finden, die von Berufs wegen auf Deinen Vater anders Einfluss nehmen können. Ihnen tut das nicht so weh wie Dir, wenn sie mal ein hartes Wort zu ihm sagen müssen. Und er hört vielleicht eher darauf und vermeidet die Gefahren, die Dich dazu bewegen, dass er aus seiner Wohnung heraus muss. Das wäre ein so harter Schritt für ihn. (Aber wenn es sein muss, muss es leider sein.)

Du musst auch auf Dich aufpassen! Und Du solltest möglichst die Liebe zu Deinem Vater festhalten, so schwer das auch gerade ist.
KaSy
KaSy
Nessie
26.05.2016 19:35:00
Liebe KaSy,

ich danke Dir von Herzen für Deine Offenheit!
Es hilft mir ein bisschen zu verstehen, was eventuell in meinem Papa vorgeht.
Leider will er mich im Moment nicht sehen, weil ich veranlasst habe, dass die Polizei nach ihm sucht...
Das Palliativnetz arbeitet daran, das Vertrauen wieder aufzubauen und mich wieder mit in sein Leben zu bringen. Hoffentlich gelingt das.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute!
Nessie
melle7979
26.05.2016 21:28:34
Hallo Nessie,
so hart es sich anhört ....beantrage eine gesetzliche Betreuung ...so schnell wie möglich. Das ist die einzigste Möglichkeit um deinem Vater zu helfen.
Du kannst mich gerne anschreiben,wenn du noch Fragen hast.
Viel Kraft und liebe Grüße
Melle
melle7979
Wasa
28.05.2016 21:38:25
Liebe KaSy,

Ich danke dir ebenfalls für deine Worte. Es ist so schwer sich in den Betroffenen hineinzuversetzen. Deine Worte sind für mich logisch.

Alles Gute für dich!

Lg Sabine
Wasa
hopeflower
29.05.2016 09:37:15
Liebe Nessie,

das tut mir sehr leid, mir fällt es auch oft schwer als Angehörige. Ich bin 34 und mein Mann ist betroffen (wir haben ein Kind fast 3 Jahre).
Nimmt dein Papa Keppra als Antikonvulsivum? Das kann auch Aggressionen auslösen. Meinem Mann geht es echt besser seit er das Keppra nicht mehr nimmt (Keppra heißt auch Levetiracetam).

Alles Gute für deinen Papa und dich.
h.
hopeflower
KaSy
29.05.2016 15:44:04
Liebe Nessie,
Dein Vater hat Dir zwar gesagt, dass er Dich nicht sehen möchte.
Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er das entweder gar nicht so gemeint hat (er konnte gerade nichts anderes sagen) oder dass er, als Du fort warst, seine Meinung recht bald geändert hat.
Ich glaube, dass er nicht generell aggressiv ist.

Selbstverständlich nimmt er es Dir übel, dass Du veranlasst hast, dass die Polizei nach ihm sucht.
Deine Entscheidung war richtig.
Aber er weiß doch gar nicht, dass das erforderlich war. Er glaubte doch, dass er alles im Griff hat, dass er auch früher oder später nach Hause finden würde. (Wobei "finden" voraussetzt, dass er eingesehen hätte, dass er den Weg suchen müsste.)
Versetz Dich doch mal in seine Situation. Er lässt Dich von der Polizei suchen. Welcher Mensch freut sich über so etwas. (Ich werde die beiden Male, als mein Sohn mit der Polizei zu tun hatte, nicht aus der Erinnerung los. Und das waren harmlose Sachen und liegen über 15 Jahre zurück.) Intuitiv weiß er womöglich auch, dass es - zumindest für Dich, aber irgendwie auch für ihn - vermutlich nicht ganz falsch war. Zugeben würde das keiner!

Dein Vater braucht Dich!
Besuche ihn, wenn Du kannst.
Oder ruf an. (Naja, wenn er das Telefon nicht findet ...)
Aber wenn Du dort bist, setz Dir ein Zeitlimit (vielleicht 30 Minuten) und geh dann wieder, spätestens wenn er Dir gegenüber aggressiv wird.
Sag ihm, dass das nicht schön ist, aber umarme ihn zu Abschied und geh mit guten, lieben Worten.

Du bist diejenige, der er blind vertraut. Nimm Dich ihm nicht weg.

Aber schütze Dich vor negativen Gefühlen ihm gegenüber. Wenn das geschehen sollte (was ja immer wieder passiert), dann erinnere Dich an Deinen Vater von früher. Vielleicht hast Du noch Fotos, die Dein "Aggressiver-Vater-Bild" wieder zurechtrücken können. Nutze Deine wenige Zeit mit ihm für solche Erinnerungen - "Weißt Du noch ..." (und keinesfalls für Vorwürfe wegen irgendwas, was gerade wieder schlimm ist.)

KaSy
KaSy
frauaziz
29.05.2016 15:58:36
Hallo Nessie! Ich würde auch sagen, dass du die Betreuung in gesundheitlichen Angelegenheiten und für den Aufenthalt beantragen solltest. Dann wirst du vermutlich noch mehr mit deinem Vater in Konflikt geraten, aber wenn du etwas machen willst, geht kein Weg daran vorbei. Oder du lässt ihn weiter so leben, ohne dich einzumischen. Das ist hart, aber geht manchmal nicht anders. Er wünscht es ja so.Ich habe meine Eltern betreut, und da gab es solche Entscheidungen auch, letztendlich ist es ja ihr Leben. Viele Grüße, Alex
frauaziz
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