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Two-Face

Gerne würde ich hier auch mal etwas Positives posten, aber leider habe ich wieder eine sehr negative Frage an Betroffene/Angehörige.

Mein Vater (64) leidet seit Anfang 2014 an einem Glioblastom. Eine Rezidiv-OP hatte er im April 2015. Seit dem verschlechtert sich der Zustand immer wieder. Einige Dinge (z. B. Sprache) besserten sich nach der zweiten OP, aber danach wurde er komplett bettlägrig. Nach der zweiten OP erfolgten keine Chemo etc. mehr. Er galt als "austherapiert".

Seit einigen Wochen sind wieder Sprachprobleme vorhanden, er ruft teilweise stundenlang den Namen meiner Mutter oder spricht von Dingen, die komplett wirr sind.

Immerhin konnte er bis die Tage problemlos Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen. Er musste zwar gefüttert werden, aber konnte normal kauen und hat auch gemerkt, wenn er Hunger hat etc. Auch geschlafen hat er in normalen Maßen. War den Umständen entsprechend sogar recht viel wach.

In den letzten Tagen hat sich die Situation allerdings sehr verschlechtert. Er schläft fast nur noch, hat angefangen zu Husten etc., wenn er etwas gegessen hat. Meine Mutter hat die Ernährung dann komplett auf Babynahrung usw. umgestellt, aber auch die kann er mittlwerweile kaum noch zu sich nehmen bzw. scheint es auch kaum noch richtig mitzubekommen. Meine Mutter hat nun mit jemandem gesprochen und da hieß es, dass er, wenn das Füttern gar nicht mehr möglich ist, künstlich ernährt werden muss oder man ihn mehr oder weniger "verhungern lassen muss". Mein Vater hat keine Patientenverfügung, aber meine Mutter hat eine Generalvollmacht.

Auch wenn das alles noch nicht morgen sein muss/wird, so glaube ich, dass er leider das Jahr 2016 nicht mehr erleben wird. Gibt es hier Angehörige usw., die Erfahrung mit solch einer Situation haben? Macht eine künstliche Ernährung "Sinn"? Ist sie ohne Patientenverfügung zwingend nötig? Ist der Patient in solch einem Krankheitsstadium überhaupt noch so anwesend, dass er begreift was passiert?

Meine Mutter wischt das auch in diesem Stadium immer noch gerne alles zur Seite, aber ich bin eher realistischer und möchte meinem Vater einfach Qualen ersparen.

patienthope

Hallo,

ich würde mich in diesem Fall ganz dringend an Palliativmedizinern wenden. Hier in Köln im Uni-Klinikum hatte ich das Angebot schon von Tag 1 der Diagnose. Ich kann nur von hier berichten - sie sind geschult was genau solche Maßnahmen (künstliche Ernährung und Medikation) inkl. der rechtlichen Aspekte der Patentenverfügung etc. betrifft. Mit mir wurde alles sehr genau besprochen aber da hier mein Rat durchaus falsch sein kann verweise ich lieber auf die Palliativmedizin.

Hoffe, dass hilft. LG

TumorP

Hallo Two-Face,
eine Patientenverfügung wäre sehr hilfreich, ist nun jedoch nicht vorhanden. Es wird (schnell?) der Zeitpunkt kommen, dass Deine Mutter die Pflege nicht schafft. Habt Ihr über ein Hospiz nachgedacht, bzw. gibt es das bei Euch in der Nähe? Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt kann der "mutmaßliche" zu Lebzeiten geäußerte Wille (z. B. Familienangehörigen gegenüber) ausgeführt werden. Ernährung / Magensonde verlängert das Leben, ABER nicht die Qualität. "Verhungern", heiß nur Flüssigkeit UND Schmerzmittel. Im Hospiz gibt es dafür "spezielle" Ärzte die Erfahrung haben, das der Patient nur "wenig" leidet.
Viel Kraft
TumorP

supii

Hallo Two-Face,
mein Mann war die letzten Wochen seines Lebens auf der Palliativstation und ist dort sehr gut versorgt worden - auch als er nichts mehr zu sich nehmen konnte. Flüssigkeit und Morphium; alles andere hätte den Sterbeprozess, in dem er sich befand hinausgezögert. Wende dich an den Palliativdienst - es gibt auch inzwischen fast überall eine ambulante Palliativversorgung - oder Hospiz.
Ganz viel Kraft
Uta

LieseMüller

Hallo Two-Face,

vor zwei Jahren stand ich vor einer ähnlichen Entscheidung, als meine Mutti unerwartet nach kurzem Krankenhausaufenthalt verstarb. Sie hatte auch keine Patientenverfügung, schob Gedanken an den Tod immer weit von sich. Als sie nicht mehr zurechnungsfähig war und immer wieder in eine komatösen Zustand fiel (Hyperkapnie), sprach mich der Arzt an, wie denn nun weiter zu verfahren wäre. Trotz fehlender Verfügung sowie irgendwann mal geäußertem Willen sagte der Arzt, dass die Entscheidung darüber mir obliege. Wer bitte mag solche Entscheidungen treffen? Ich entschied mich für den Fall des Falles für die minimale Variante, weil ich annahm, dass meine Mutter so nicht leben wollen würde. Lt. Arzt war es zudem auch noch unwahrscheinlich, dass sie - einmal angeschlossen - jemals von einer künstlichen Beatmung wegkäme. Zum "Glück" war meine Entscheidung irrelevant, da es innerhalb einer Nacht zu einem Multiorganversagen kam.

Ob dieses Vorgehen in Ermangelung einer Verfügung rechtlich abgesichert ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich nehme es jedenfalls an, da dem Arzt sicher nicht am Entzug seiner Approbation gelegen sein dürfte.

Ich kann wirklich nur jedem raten, sich um eine Patientenverfügung zu kümmern, solange man noch geistig zurechnungsfähig ist und es nicht immer wieder zu vertagen, weil der Gedanke an den Tod unangenehm ist. Es ist unfair, seinen Angehörigen diese Entscheidung zu überlassen.

LG, LieseMüller

Two-Face

Vielen Dank für eure Antworten... Ich muss euch aber leider mitteilen, dass mein Vater heute Morgen seinen Kampf verloren hat und von seinen Leiden erlöst wurde.

Es ging alles jetzt so schnell. Er hatte vor 4-5 Tagen noch essen können usw., war aber seit gestern kaum noch richtig ansprechbar und muss dann heute füh wohl einfach aufgehört haben zu atmen. Es ist ein Schock, aber ein Schock mit Ansage und irgendwo sicherlich auch eine Erlösung. Wie in den meisten Fällen... Eltern sterben irgendwann, aber dennoch ist es ein komisches Gefühl. Ich hätte ihm noch so sehr mindestens 10-15 schöne Jahre von seiner wohlverdienten Rente gegönnt.

Ich möchte euch noch einmal für eure liebevollen Antworten danken. Ich bleibe dem Forum treu und hoffe, dass ich vielleicht anderen in der Zukunft ähnlich helfen kann.

Liebe Grüße
Marcel

eisen juli

Lieber Marcel,
gerade wollte ich Dir von den Erfahrungen mit meinem Papa bezüglich Essen und Trinken in den letzten Tagen vor seinem Tod schreiben...

Es tut mir so leid, dass Du Deinen Vater verloren hast. So viel zu früh.
Mein herzliches Beileid.
Liebe Grüße
Barbara

Two-Face

Ich habe gerade noch mal meinen Post von gestern gelesen und auch meinen Satz "Auch wenn das alles noch nicht morgen sein muss/wird, so glaube ich, dass er leider das Jahr 2016 nicht mehr erleben wird." und keine 24 Stunden später ist der Mensch nicht mehr da. Ich hätte nie gedacht, dass sich innerhalb von weniger als einer Woche der Zustand so rapide verschlechtern kann.

Ich bin immerhin dennoch dankbar, dass er im Schlaf verstorben ist und keine Schmerzen hatte und dass er zu Hause sterben konnte und dass er auch während der 22 Monate immer zu Hause gepflegt werden konnte.

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