Guten Tag,
vielleicht hilft Ihnen ja die Erfahrung von uns weiter: Meine Lebensgefährtin wirkte oft Abwesend und irgendwie betäubt, so das ich oft das Gefühl hatte, sie sei depressiv oder überfordert. Obwohl sie selbst das nicht so empfand, hat sie sich überreden lassen und ist zu einem Psychotherapeuten gegangen, der zufällig auch Neurologe war (das war die erste Zweitmeinung, die wir einholten). Der Neurologe wollte zur Abklärung ein MRT, auf dem dann ein weißer Fleck zu sehen war. Im Krankenhaus wurde uns geraten, weiter nichts zu unternehmen, es könne sich ja auch nur um eine ungefährliche Anomalie, wie eine Infektionsnarbe handeln. Wir entschieden uns aber wieder dafür, eine zweite Meinung einzuholen. Wir hatten das Glück, über Vermittlung mit einem Professor für Neurologie ein Gespräch führen zu können, der uns riet, eine OP mit Schnellschnitt machen zu lassen, denn falls es sich doch um einen schnellwachsenden Tumor handelte, wäre jetzt eine relativ gefahrlose OP möglich, in drei oder sechs Monaten evtl. nicht mehr.
Wir wurden nach der OP und Intensivbehandlung zu einer jungen Ärztin ins Sprechzimmer gebeten, es gab nur einen Stuhl, was der Ärztin offenbar auch egal war. Die erste Aussage war, dass sich bei der Histologie herausgestellt hatte, dass es sich um einen bösartigen Tumor gehandelt hatte -im Widerspruch zu allem was uns vorher in dem KH gesagt wurde. Wir waren schockiert, denn bis dahin haben wir die OP als reine Sicherheitsmaßnahme betrachtet. Auf meine Frage, was man denn weiter unternehmen könne, wurde mir gesagt, dass mit Bestrahlung "sowieso nur das Hirn verbrutzelt wird" und eine Chemo auch nichts bringt. Alte Hexe! Meine Freundin war natürlich völlig am Boden, war doch gerade das Todesurteil über sie ausgesprochen worden. Noch im Auto habe ich einen Verwandten in Süd Afrika angerufen, der Allgemeinarzt ist, wieder, um eine zweite Meinung einzuholen (und ein bisschen auch, um meine Freundin abzulenken). Dieses Telefonat hat uns so viel Hoffnung gegeben, weil uns Wege aufgezeigt wurden, die wir noch nicht ausgelotet hatten, am Ende konnten wir sogar wieder lachen! Wir haben uns dann einstimmig für die Bestrahlung entschieden (was im Übrigen auch dem Stand der Medizin entspricht).
Jetzt ist die Bestrahlung durch und über die Infohotline und das Forum von dieser Internetseite habe ich mal wieder erfahren, dass wir in der Praxis für Strahlentherapie nur halb informiert sind.
Ich bin Wissenschaftler von Beruf, vielleicht kommt mein Misstrauen gegenüber ja/nein-Antworten zu komplexen Themen daher. Eins ist aber klar: Die Prognose meiner Freundin ist viel besser, weil wir ständig zweite Meinungen eingeholt haben und ich danke Gott für jeden weiteren Tag den wir zusammen glücklich (und bald verheiratet) verbringen können.
"One life is enough, if well lived" (Christaan Barnard)
In diesem Sinne, nicht den Kopf in den Sand stecken, zweite, dritte und noch mehr Meinungen erfragen - und vor allem jeden Tag versuchen glücklich zu sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Ihr
Terry